Fortbildung aus CHAZ 7+8-2017

Karsten Knobloch

Update Stoßwellentherapie 2017

Vom Mechanismus und der Physik können und sollten radiale Druckwellengeräte, die mechanisch-ballistische Druckwellen erzeugen, von fokussierten Stoßwellengeräten unterschieden werden. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Interpretation der klinischen Studien von größter Wichtigkeit, da die Übertragung von Ergebnissen eines Gerätetypus auf andere Gerätetypen nicht unbedingt möglich ist.
Die Erzeugung der fokussierten Stoßwellen verläuft hersteller- und geräteabhängig unterschiedlich:
>> elektromagnetisch (z.B. Firma Storz Medical, Modell Ultra)
>> elektrohydraulisch (z.B. Firma MTS)
>> piezoelektrisch (z.B. Firma Richard Wolf)
Fokussierte Gerätetechnologien erreichen dabei deutliche tiefere Gewebeschichten als radiale Druckwellen.
Die Internationale Stoßwellenfachgesellschaft ISMST hat für den diesjährigen Jahreskongress im baskischen San Sebastian zum ersten Mal bereits im Kongressprogramm farblich kenntlich gemacht, ob im Vortrag zu einem radialen Druckwellengerät, einem fokussierten Stoßwellengerät oder einer Kombination beider Technologien gesprochen wird.

Wahrscheinlich erzielt die fokussierte Stoßwellentherapie regenerative Effekte bei niedrigen Energieflussdichten

Nachdem in den ersten Jahren mechanistisch geprägte Vorstellungen vorherrschten, die hohe Energieflussdichten und mitunter Allgemeinnarkosen wie bei der Nierensteinlithotripsie propagierten, haben sich die verwendeten Energieflussdichten in jüngerer Zeit deutlich verändert – diese gingen deutlich zurück, ohne jedoch an Effektivität zu verlieren. Mittlerweile erscheint es wahrscheinlich, dass die Stoßwellentherapie bei niedriger Energieflussdichte regenerative Effekte erzielt: So konnte die Arbeitsgruppe von Johannes Holfeld, Herzchirurg an der Universität Innsbruck, 2016 in Cardiovascular Research zeigen, dass die fokussierte Stoßwellentherapie über den Toll-like-receptor 3 im ischämischen Muskel eine Stammzellaktivierung mit nebenwirkungsfreier Heilung induziert [1]. Diese Arbeit wurde auf dem diesjährigen Jahreskongress der Süddeutschen Orthopäden/Unfallchirurgen in Baden-Baden mit dem DIGEST-Forschungspreis ausgezeichnet.

Stoßwellentherapie in der Orthopädie/Unfallchirurgie  Die plantare Fasziitis/Fersensporn ist in den letzten Jahren erneut Gegenstand einiger randomisiert-kontrollierter Studien gewesen, was zu einer Untersuchung der Effektivität der Stoßwellentherapie bei Fersenschmerz von Seiten des gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) geführt hat. 2017 veröffentlichte die Arbeitsgruppe um Sun aus Peking eine Metaanalyse mit insgesamt 935 eingeschlossenen Patienten mit radialer oder fokussierter Stoßwellentherapie bei chronischer plantarer Fasziitis [2]. Insgesamt wurden dabei 474 Patienten mit fokussierter Stoßwellentherapie behandelt, die im Vergleich zu Plazebo von einer signifikanten Schmerzlinderung berichteten. Ähnliches belegt auch die RCT von Gollwitzer et al., die 246 Patienten mit plantarer Fasziitis entweder dreimalig mit fokussierter ESWT (0,25 mJ/mm2) oder Plazebo behandelten, bei der es zu einer signifikanten Schmerzlinderung von 69 vs. 34,5 Prozent  kam [3]. Die Daten für die radiale Druckwellentherapie in einer aktuellen Metaanalyse deuten ebenfalls positive schmerzlindernde Effekte bei chronischer plantarer Fasziitis an, jedoch war die Heterogenität der eingeschlossenen radialen Druckwellenstudien beträchtlich [2].
Eine prospektive, doppelblinde randomisiert-kontrollierte Studie untersuchte am FIFA-Medical Center Regensburg 143 Amateurfußballer mit chronischem Schambein/Leistenschmerz in drei Studienarmen [4]:
>> Intensives Rehabilitationsprogramm mit Stoßwellentherapie
>> Intensives Rehabilitationsprogramm ohne Stoßwellentherapie
>> Kontrollgruppe mit Sportpause

Die Fußballer, die eine Stoßwellentherapie erhielten, zeigten eine signifikant frühere Verbesserung des Schmerzes und eine frühere Rückkehr zum Fußball (return to sports) als die Spieler ohne ESWT.
An der Wirbelsäule zeigte eine koreanische Arbeitsgruppe aus Seoul den Einfluss der fokussierten Stoßwellentherapie zur Behandlung von Iliosakralgelenksschmerzen [5]: In randomisierten Studiendesign (n=30) wurde eine einmalige fokussierte Therapie (0,1–0,25 mJ/mm2, 2000 Impulse) mit einer Scheinbehandlung („Sham-Behandlung“) über vier Wochen verglichen. Zum Studienendpunkt vier Wochen nach der einmaligen Behandlung sank der Schmerz in der fokussierten ESWT-Gruppe signifikant von 6,4 auf 3,6 Schmerzpunkte im Vergleich zu keiner Schmerzlinderung in der Sham-Gruppe.
In der experimentellen Unfallchirurgie [6] konnte die fokussierte ESWT (3000 Impulse, 0,3 mJ/mm2) unmittelbar nach Schraubenosteosynthese an Femur/Tibia die Schraubenfixierung signifikant verbessern, wie MicroCT-Untersuchungen nachwiesen.

Radiale Druckwellengeräte erreichen oberflächliche Gewebeschichten, während fokussierte Stoßwellentechnologien tiefere Gewebegebiete erreichen können..

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