Augenverletzungen durch Silvester-Feuerwerk: Augenärzte fordern Schutzbrillen, Aufklärung und Abgabeverbote

Kinder, Jugendliche und Unbeteiligte werden zu Silvester besonders häufig Opfer von Verletzungen durch Feuerwerkskörper an den Augen. Das ist ein zentrales Ergebnis einer Umfrage der Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) an deutschen Augenkliniken für die zurückliegenden drei Jahreswechsel. Die DOG und der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA) fordern daher Schutzbrillen, verstärkte Aufklärung über die Risiken und eine Diskussion über ein Verbot privat genutzter Feuerwerke. Seit dem Jahreswechsel 2016/2017 startet die DOG regelmäßig zu Silvester eine Umfrage an deutschen Augenkliniken zu Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper – an der Abfrage 2018/2019 beteiligten sich 51 Kliniken. Insgesamt erfassten die Krankenhäuser für die drei zurückliegenden Jahre anonyme Daten von 1356 Patienten, die an Augen, Händen und Gesicht behandelt werden mussten, wie eine Auswertung zeigt, die kürzlich veröffentlicht wurde. 

Gefährliche Kombination: Hitze, Mechanik, Chemikalien
Dabei zeigt sich in jedem Jahr in der Silvesternacht ein ähnliches Bild. Drei Viertel der Patienten kommen mit Verletzungen an Augenlid, Hornhaut oder Bindehaut davon, die ambulant behandelt werden können. Jeder vierte Patient erleidet jedoch eine schwere Verletzung, die stationär oder sogar in einer Notoperation versorgt werden muss. Dazu zählen Prellungen oder Risse im Augapfel, oft in Verbindung mit Lid- und Oberflächenverletzungen. Mitunter kam es zusätzlich zu Trommelfellschäden oder Verletzungen an der Lunge, im Gesicht oder an Händen, die im Extremfall sogar eine Amputation nach sich zogen.

Dauerhafte Sehverschlechterung und Narbenbildung
„Feuerwerkskörper können durch die Dreifach-Kombination von Hitze, Impuls und Chemikalien sehr komplexe Schäden bewirken“, betont Studienautorin Dr. med. Ameli Gabel-Pfisterer (Potsdam). Die Konsequenzen sind nicht selten gravierend. „Schätzungsweise 40% der schwer Verletzten werden vermutlich unter dauerhaften Folgen wie Sehverschlechterung oder Narbenbildung leiden“, warnt die Ophthalmologin. „Dies ist besonders folgenschwer, wenn die Betroffenen am Beginn ihres Berufslebens stehen.“ 

Männlich und minderjährig – das typische Opfer
Wie eine weiterführende Analyse der Daten offenbart, tritt dieser Fall leider häufig ein. „Von allen Patienten, die sich in eine Klinik begeben mussten, sind rund 60% 25 Jahre oder jünger“, berichtet Professor Dr. med. Daniel Böhringer  (Freiburg). Davon wiederum macht der Anteil der Kinder und Jugendlichen im Alter von ein bis 17 Jahren fast 40% aus. Insgesamt sind drei Viertel der Verletzten männlich, wie die Statistik ausweist.

Unfälle mit Wunderkerzen, Angriffe auf Unbeteiligte
Harmlose Pyrotechnik gibt es nicht, so ein weiteres Ergebnis der deutschlandweiten Umfragen. „In bis zu 30% der Fälle führen Bengalische Lichter oder Wunderkerzen zu Verletzungen, in einzelnen Fällen sogar die herabfallenden Reste von abgebrannten Feuerwerkskörpern“, betont Professor Dr. med. Hansjürgen Agostini (Freiburg). Nicht einmal passives Zuschauen schützt. „Über alle Untersuchungsjahre hinweg gaben rund 60% der Patienten an, den Feuerwerkskörper nicht selbst gezündet zu haben“, berichtet der Studienautor. „Bedauerlicherweise sind auch 60% der verletzten Kinder Unbeteiligte.“ Besonders alarmierend: Einige Unfallopfer erklärten, mit Feuerwerkskörpern beworfen worden zu sein. „Absichtliche Angriffe auf Unbeteiligte sind katastrophal, das gilt auch für Attacken auf Rettungspersonal, die neuerdings stattfinden“, kritisiert Agostini.

Schutzbrillen, Aufklärung und Abgabe-Beschränkungen
DOG und BVA fordern daher Maßnahmen, um die Zahl der Opfer zu reduzieren. „Wir befürworten Aufklärungskampagnen über die Risiken und die gleichzeitige Abgabe von Schutzbrillen mit Feuerwerkskörpern“, erklärt Dr. med. Peter Heinz, 1. Vorsitzender des BVA. „Darüber hinaus setzen wir uns für eine Diskussion über ein Verbot privat genutzter Feuerwerke ein“, ergänzt DOG-Präsident Professor Dr. med. Hans Hoerauf. „Feuerwerk gehört in die Hände professioneller Pyrotechniker.“ Ein erster sinnvoller Schritt wären eine strikte Einhaltung des Abgabe- und Weitergabeverbots von Feuerwerkskörpern der Kategorie 2 an Minderjährige, eine deutliche Begrenzung der Nutzungszeit wie in Holland und eine Ausweitung der feuerwerksfreien Zonen insbesondere in belebten Innenstädten, schlägt Gabel-Pfisterer vor: „Weniger ist mehr. Das verringert nicht zuletzt auch die erhebliche Feinstaubbelastung in den Silvesternächten.“

Die DOG hat ein Plakat erstellt, das vor Augenverletzungen durch Silvester-Feuerwerk warnt. Zum Download:
https://www.dog.org/wp-content/uploads/2019/11/DOG_Feuerwerk-Poster_2019_270x400-fin4.pdf