Bundesverfassungsgericht kippt Sterbehilfe-Verbot

Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat in einem lange erwarteten Urteil am heutigen 26. Februar 2020 den umstrittenen Paragraph 217 StGB – das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung – als Verstoß gegen das Grundgesetz eingestuft und für „nichtig“ erklärt (Az.: 2 BvR 2347/15). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) umfasse ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Dieses Recht schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dabei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen. Eine solche Entscheidung sei „als Akt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren“, sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe. Das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben sei nicht auf „schwere oder unheilbare Krankheitszustände oder bestimmte Lebens- und Krankheitsphasen beschränkt“, sondern gelte „in jeder Phase menschlicher Existenz“, betonen die Richter.

Die erst im Jahr 2015 beschlossene strafrechtliche Regelung hatte die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ unter Strafe gestellt – und dabei kein explizit kommerzielles Interesse vorausgesetzt, sondern auch wiederholte Hilfen etwa von ärztlicher Seite eingeschlossen. Bei Verstößen drohten bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Nur Angehörige und „Nahestehende“, die beim Suizid unterstützen, blieben straffrei. Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass Suizidhilfe-Vereine ihre Angebote für zahlende Mitglieder ausweiten und gesellschaftsfähig werden. Niemand sollte sich unter Druck gesetzt fühlen, seinem Leben ein Ende zu setzen. Der Strafrechtsparagraph 217 hatte zu erheblicher Verunsicherung bei Ärzten und Patienten geführt; schließlich hatten todkranke Patienten, Palliativmediziner, Vereine zur Sterbehilfe und Juristen Klage beim BVG eingereicht.

Aus dem Urteil des BVG folgt nun jedoch nicht, dass es dem Gesetzgeber untersagt ist, die Suizidhilfe zu regulieren. Er müsse dabei jedoch sicherstellen, dass dem Recht des Einzelnen, sein Leben selbstbestimmt zu beenden, hinreichend Raum zur Umsetzung verbleibt. Das erfordere „nicht nur eine konsistente Ausgestaltung des Berufsrechts der Ärzte und der Apotheker, sondern möglicherweise auch Anpassungen des Betäubungsmittelrechts“, heißt es in der Urteilsbegründung. Dies schließe nicht aus, die im Arzneimittel- und Betäubungsmittelrecht verankerten Elemente des Verbraucher- und Missbrauchsschutzes aufrechtzuerhalten und in ein Schutzkonzept zur Suizidhilfe einzubinden. Weiterhin dürfe es keine „Verpflichtung zur Suizidhilfe“ geben.