G-BA veröffentlicht neue Arzneimittel-Richtlinie zur wirtschaftlichen Verordnung von Biologika und Biosimilars

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 20. August 2020 – im Zusammenhang mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung – eine neue Arzneimittel-Richtlinie beschlossen, die Hinweise für eine wirtschaftliche Verordnung von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln (Biologika) sowie deren jeweiligen Nachahmerpräparaten (Biosimilars) enthält. Die Richtlinie soll in einem zweiten Schritt um Hinweise zum Austausch dieser ärztlich verordneten Arzneimittel in Apotheken ergänzt werden.

Nach der Richtlinie sind Ärzte verpflichtet, zu Beginn einer Therapie mit biotechnologisch hergestellten biologischen Arzneimitteln wirkstoffbezogen ein preisgünstiges Produkt auszuwählen. Dies wird in der Regel – sofern vorhanden – ein Biosimilar sein. Bei Patienten, die bereits mit einem Biologikum behandelt werden, sollte überprüft werden, ob sie auf ein preisgünstigeres Biosimilar umgestellt werden können. Dies ist dann der Fall, wenn keine patientenindividuellen medizinischen Gründe dagegen sprechen, wie beispielsweise Nebenwirkungen, Unverträglichkeiten oder eine instabile Therapiesituation. Besteht bei der Erstverordnung oder der Umstellung ein Rabattvertrag mit der Krankenkasse des Patienten, so ist die Wirtschaftlichkeit der Verordnung sichergestellt und ein weiterer Kostenvergleich ist nicht notwendig.

Unter den zehn Arzneimitteln mit den höchsten Umsätzen pro Patienten befinden sich sechs Biologika. Aktuell gibt es in Deutschland etwa 300 zugelassene Biologika, für 16 dieser Arzneimittel stehen Biosimilars zur Verfügung. Diese werden in der Regel zu einem günstigeren Preis auf den Markt gebracht. Die neue Richtlinie muss noch durch das Bundesministerium für Gesundheit genehmigt werden und tritt nach ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

 

Kritik von Patientenvertretern, AG Pro Biosimilar und Herstellern

Die im G-BA eingebundenen, jedoch nicht stimmberechtigten Patientenvertreter sehen den Beschluss kritisch. So warnen sie vor Nocebo-Effekten, Adhärenzproblemen und Anwendungsfehlern. Ein Biosimilar sei in der Regel zudem nicht identisch mit seinem Referenzbiologikum, sondern nur ähnlich. Zwischen den beiden Arzneimitteln bestehe zwar eine therapeutische Vergleichbarkeit, Biosimilars seien herstellungsbedingt – beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Wirtsorganismen – jedoch keine absolut identische Kopie. Im Gegensatz zu generischen Arzneimitteln mit chemischen Wirkstoffen werden bei der Zulassung von Biosimilars in der Regel zusätzliche klinische Untersuchungen gefordert, um sicherzustellen, dass die vorhandenen Abweichungen die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht beeinflussen. Auch die AG Pro Biosimilar äußert Kritik: Auch wenn die Rolle des Arztes beim Einsatz von Biosimilar gestärkt wäre, so bestehe die Befürchtung, dass der Beschluss vor allem die Rabattverträge fördere.