Gefahren durch E-Scooter, E-Bike und Co.: Unfallchirurgen und Orthopäden fordern frühzeitige Einbindung in Verkehrsplanung

Immer mehr Verkehrsteilnehmer sind auf den Straßen und Bürgersteigen unterwegs – Autos, Fußgänger, Radfahrer, E-Radfahrer, E-Scooter-Fahrer. Die Geräte mit Elektroantrieb bewegen sich mit ungewohnter Schnelligkeit im öffentlichen Raum. Hinzu kommt, dass sie geräuschlos unterwegs sind und von anderen oft nicht rechtzeitig wahrgenommen werden können. Dadurch nimmt das Unfallrisiko zu, gleichzeitig drohen neue Verletzungsmuster. Anlässlich des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) vom 22. bis 25. Oktober 2019 in Berlin fordert die AG Prävention der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) die frühzeitige Einbindung in die Verkehrsplanung. So könnten Politik, Kommunen und Stadtplanung das Wissen über schwere Verletzungen bei der zukünftigen Verkehrsführung und zur Erstellung entsprechender Algorithmen für die Unfallverhütung nutzen.

Konzept für störungsfreie Interaktion neuer E-Mobile im öffentlichen Raum fehlt bislang

„E-Scooter und Co. einfach zu verbieten, kann nicht die Lösung sein“, sagt Professor Dr. med. Paul Grützner, Kongresspräsident des DKOU 2019 und Ärztlicher Direktor der BG-Klinik Ludwigshafen. „In einer modernen, digitalen und hochmobilen Gesellschaft müssen auch innovative Mobilitätskonzepte ihren Platz finden.“ Ein Konzept für die störungsfreie Interaktion neuer E-Mobile im öffentlichen Raum fehlt jedoch bislang. Dabei geht es hier nicht nur um die Menge an Verkehrsteilnehmern, die um den Platz im öffentlichen Raum konkurrieren. „Es ist eine neue Dimension an Risiken hinzugekommen, die wir mit unseren Sinnen nicht mehr wahrnehmen können“, gibt Dr. med. Christopher Spering, Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Universitätsmedizin Göttingen und Leiter der Sektion Prävention der DGOU, zu Bedenken: „Wir können Verkehrsteilnehmer, die mit E-Antrieb unterwegs sind, schlechter einschätzen. Man hört sie nicht kommen, und sie sind schneller als gewohnt.“ Zudem gäbe es beim autonomen Fahren dann bald auch keinen Blickkontakt der Verkehrsteilnehmer mehr.

„Mit unserem Wissen wollen wir helfen, Unfälle und deren zum Teil schweren Folgen zu vermeiden“, so C. Spering. P. Grützner verweist auf das TraumaRegister DGU® der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie. Als eines der größten Schwerverletztenregister weltweit hat es seit seiner Gründung 1993 mit knapp 700 Kliniken im In- und Ausland die Daten von über 270 000 Patienten ausgewertet. „Im Namen unserer Patienten fordern wir, dass unser Wissen über Unfallrisiken und Verletzungsmuster aus unserer alltäglichen Versorgung von Unfallfolgen bereits bei der Verkehrsplanung und vor der Einführung von Neuerungen berücksichtigt wird“, so C. Spering. „Wir wollen mit Politik und Stadtplanung frühzeitig an einen Tisch, nicht erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Dies ist auch im Sinn der ‚Vision Zero‘, also der mittelfristigen Senkung der Anzahl der Verkehrstoten auf null, der wir uns verpflichtet sehen“, bekräftigt P. Grützner.

Die Risiken der neuen E-Mobilität sind eines der Themen während des DKOU-Kongresses, der vom 22. bis 25. Oktober 2019 in Berlin stattfindet. Experten besprechen dabei auch die Ergebnisse der neuesten Helmtests und diskutieren die Alternativen, etwa den Airbag 3.0. Auf der Agenda stehen auch Trauma-Management, Verletzungen der Wirbelsäule, Alterstraumatologie und -orthopädie und vieles mehr. www.dkou.org