Gentherapie gegen Choroideremie: Zweijahresergebnisse von 6 Patienten

Die Choroideremie ist eine progressive Dystrophie der Aderhaut, des retinalen Pigmentepithels und anderer Schichten der Netzhaut. Auslöser der Erkrankung sind Mutationen im x-chromosomalen CHM-Gen (Xq21). Auf Grund des x-chromosomalen Erbgangs sind in der Regel nur Männer von der Erkrankung betroffen. Weibliche Überträgerinnen (Konduktorinnen) zeigen zwar Veränderungen am Augenhintergrund, diese beeinträchtigen jedoch nur in Ausnahmefällen merklich die Sehfunktion. Die Erkrankung wird durch einen Mangel im REP-1-Stoffwechsel verursacht. Die Prävalenz der Choroideremie in Deutschland wird auf rund 1000 betroffene Männer geschätzt und etwa 2000 bis 3000 Überträgerinnen.

Eine Studiengruppe der Universitätsaugenklinik Tübingen hat jetzt die Zweijahresdaten der „Tübingen Choroideremia Gene Therapy“ (THOR), einer Gentherapie-Studie vorgelegt. Im Zeitraum Januar 2016 bis Februar 2018 unterzogen sich 6 männliche Patienten mit Choroideremie einer Gentherapie: Mittels eines adenoassoziierten Virusvektors (AAV2) wurde ihnen im Rahmen einer Pars-plana-Vitrektomie eine funktionale Variante des CHM-Gens verabreicht. Das Gentherapeutikum (AAV2-REP1/ Nightstar Therapeutics) wird einmalig subretinal injiziert. Die 0,1 ml Injektionslösung enthält 1011 Genompartikel.

Die Augen wurden randomisiert behandelt, die jeweiligen Partneraugen bildeten die Kontrollgruppe. Die im Schnitt 55 Jahre alten Patienten hatten bei Baseline auf dem später behandelten Augen einen durchschnittlichen Visus von 60,3 Zeichen auf den ETDRS-Sehtesttafeln (etwa 20/63 nach Snellen), die Partneraugen hatten einen mittleren Visus von 69,3 Zeichen (etwa 20/40).

Nach zwei Jahren war bei den mit der Genersatztherapie behandelten Augen eine Visuszunahme um 3,7 Zeichen zu beobachten, in der Kontrollgruppe war die Sehschärfe unverändert. Allerdings sprachen die Patienten unterschiedlich auf die Therapie an: 2 Patienten hatten eine Visuszunahme um 10 oder mehr Buchstaben, was das Gesamtergebnis deutlich beeinflusst haben dürfte. In allen behandelten Augen wurde ferner eine Verbesserung der mittleren retinalen Sensitivität, der maximalen retinalen Sensitivität und der Fixationsfähigkeit in der Mikroperimetrie im Vergleich zu den Partneraugen verzeichnet.

Die Gentherapie wurde gut vertragen, es gab keine unerwünschten Wechselwirkungen mit dem Vektor und keine schwerwiegenden Nebenwirkungen.

Fischer MD et al (2019) Efficacy and safety of retinal gene therapy using adeno-associated virus vector for patients with Choroideremia. JAMA Ophthalmol 137: 1247–1254