Hartmannbund: Umfrage unter Assistenzärzten offenbart massiven Handlungsbedarf

Zwischen Dezember 2018 und Januar 2019 hat der Ausschuss der Assistenzärzte des Hartmannbundes insgesamt 1437 Assistenzärzte zur aktuellen Situation in der Weiterbildung befragt. Die Ergebnisse der Befragung bestätigen die Erfahrungen des Ausschusses: Der ökonomische Druck und der Personalmangel in der Klinik beeinträchtigt sowohl die Gesundheit des medizinischen Personals als auch die Sicherheit der Patienten. Die Hauptursachen hierfür liegen laut der Umfrage an den noch immer weit verbreiteten Defiziten bei der Erfassung und Dokumentation von Arbeitszeiten und dem schleppenden Bürokratieabbau.

Hälfte der Befragten hält reguläre Arbeitszeit nicht ein

So gab etwa die Hälfte der Assistenzärzte an, dass ihre Arbeitszeit nicht konsequent erfasst und Überstunden nicht entsprechend dokumentiert würden. Etwa ebenso viele Befragte sagten, dass sie regelwidrig über 50% ihrer regulären Arbeitszeit im Bereitschaftsdienst arbeiten müssten. Ursache hierfür sei, dass Personalausfälle auf den Stationen nicht kompensiert werden könnten.

Die große Mehrheit von 75% der Befragten gab an, dass sie regelmäßig – beispielsweise im Nachtdienst oder während sie alleine auf der Station waren – mit Situationen konfrontiert wurden, auf die sie „nicht vorbereitet“ waren. Ein Großteil dieser Gruppe hat aufgrund dieses Umstands bereits „patientengefährdende Fehler wahrgenommen“. Dennoch gaben die Assistenzärzte ihren erfahrenen Kollegen gute Noten für ihre Unterstützung im Hintergrunddienst.

Ein Drittel ist mit Arbeit unzufrieden

Etwa ein Drittel der Assistenzärzte äußerte sich unzufrieden mit der eigenen Arbeit. Als Ursache gaben sie die hohe Arbeitsbelastung, Frust über zu wenig Zeit für die Patienten sowie die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf an. Es wurde bemängelt, dass der Wunsch nach Teilzeit oftmals nicht umgesetzt werden konnte (40%) und dass es an flexiblen Arbeitszeitmodellen und fehlenden Betreuungsangeboten mangele. Dies führe zu negativen Auswirkungen ihrer Arbeit auf das Privatleben und auf soziale Kontakte (68%) und könne zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen (22%) bzw. tut dies bereits (11%).

Digitalisierung ist ineffizient

Rund 60% der Befragten kritisieren „ineffiziente Formen“ der Digitalisierung an ihrer Klinik: Radiologiebefunde, die von Patienten auf CD gebrannt mitgebracht werden, da es keinen Austauschserver mit den niedergelassenen Kollegen gibt. Externe schriftliche Befunde, die „digitalisiert“ werden, indem sie eingescannt werden und damit als Bilddatei in der Krankenakte verfügbar sind – mit der allerdings nicht weitergearbeitet werden kann, weil die Befunde nicht kopierbar sind. Medikamentenpläne, die trotz QR-Code abgeschrieben werden müssen, weil es an Software zur Überspielung in das Krankenhausinformationssystem fehlt. Passend dazu bezifferten etwa 80% der Assistenzärzte den Anteil an Bürokratie an ihrer Arbeitszeit mit über 50%.

Mängel in der Einarbeitung

Über die Hälfte der Umfrageteilnehmer stellten der Qualität und dem Umfang ihrer Einarbeitung zum Berufsstart schlechte Noten aus (Note „4“ bzw. Note „5“). Nur jeder vierte Assistenzarzt beschreibt seine Weiterbildung als „strukturiert“ – beispielsweise durch einen verlässlichen Rotationsplan, der alle relevanten Inhalte abdeckt.

Bei den Angaben der Befragten zu ihren Karrierezielen liegt die Niederlassung in der Gemeinschaftspraxis ganz weit vorn – und auch der angestellte Facharzt im ambulanten Bereich wird gegenüber dem Facharzt in der Klinik bevorzugt.

Die vollständigen Umfrageergebnisse werden auf der Internetseite des Hartmannbundes zur Verfügung gestellt.