Kataraktoperation mit Femtosekundenlaser: Keine Abrechnung mittels GOÄ-Ziffer 5855

Im Gegensatz zu Urteilen einiger anderer Gerichte ist laut einem Urteil des Amtsgerichtes Heidelberg vom 22. Mai 2019 die Abrechnung von Femtosekundenlaser-assistierten Kataraktoperationen mit der analogen Anwendung der Ziffer 5855 der Gebührenordnung Ärzte (GOÄ) nicht korrekt. Eine derartige Operation darf lediglich auf der Grundlage von Ziffer 1375 analog abgerechnet werden, da die medizinische Indikation für einen Lasereinsatz nicht vorhanden ist. Der Einsatz des Femtosekundenlasers kann daher nur über den Zuschlag (Ziffer 441) abgerechnet werden und ist als unselbstständiger Teil der Operation zu sehen, der lediglich einer schonenderen Ausführungsart dient (Az.: 30 C 112/18).

Krankenkasse: Keine Kostenerstattung für Femtosekundenlaseranwendung

Anlass der Klage waren zwei Kataraktoperationen, die bei einem Patienten mit privater Krankenversicherung durchgeführt wurden. Da der operierende Arzt bei den Operationen einen Femtosekundenlaser einsetzte, rechnete er die Operationen auf Grundlage der Ziffer 5855 GOÄ analog und 1375 GOÄ analog zu einem um den Faktor 3,5 gesteigerten Satz ab. Die Krankenkasse des Patienten sah diesen Satz als nicht angemessen an, da der Einsatz des Lasers nicht medizinisch indiziert gewesen sei und erstattete die Kosten daher nicht vollständig. Daraufhin reichte der Patient bei Gericht eine Klage gegen die Krankenkasse ein.

Krankenkasse: Analoge Abrechnung über die Ziffer 5855 fehlerhaft

Vor Gericht bemängelte die Krankenkasse, dass – selbst bei Vorliegen einer medizinischen Indikation für die Laseranwendung – die Abrechnung fehlerhaft sei. Eine analoge Berechnung der Operationsmethode „Femtosekundenlaser“ mit der Ziffer 5855 sei "mangels Vergleichbarkeit und Selbstständigkeit" neben der für die Kataraktoperation vorgesehenen Ziffer 1375 GOÄ nicht möglich. Sollte die analoge Berechnung der Ziffer 5855 möglich sein, dann sei die Anrechnung des 3,5-fachen erhöhten Satzes der Ziffer 1375 GOÄ nicht angemessen, da dann eine Doppelberechnung einiger Operationsschritte vorliege.

AG Heidelberg: Der Einsatz des Femtosekundenlasers ist keine eigenständige Leistung

Das Amtsgericht bestätigte die Ansicht der Krankenkasse, dass die Femto-Kataraktoperationen nicht korrekt abgerechnet wurden. So scheide eine analoge Anwendung der Ziffer 5855 GOÄ zur Abrechnung des Einsatzes eines Femtosekundenlasers aus. Hierfür könne lediglich die Ziffer 1375 verwendet werden. Der Einsatz des Lasers könne mittels Abrechnung der Ziffer 441 berücksichtigt werden, da es sich dabei um keine eigenständige Leistung handelt. Der Laser diene lediglich dazu, benachbarte Strukturen wie das Hornhautendothel bei der Kataraktoperation zu schonen. Somit handelt sich bei dem Lasereinsatz nicht um eine eigenständige Leistung mit einer eigenständigen Indikation, sondern lediglich um einen – bereits mit Ziffer 1375 abgerechneten – Operationsschritt.

Keine einhellige Einschätzung durch die Gerichte

Das Amtsgericht Heidelberg stimmt mit seinem aktuellen Urteil mit demjenigen verschiedener anderer Gerichte überein, so z. B. dem Amtsgericht (AG) Düsseldorf (Az.: 43 C 157/15 vom 3. 8. 2017), AG Wuppertal (Az.: 391 C 195/16 vom 4. 7. 2018) AG Dortmund - 405 C 4723/17 vom 19. 7. 2018), AG Reutlingen Az.: 13 C 347/17 vom 17. 10. 2018), AG Koblenz (Az.: 151 C 524/17 vom 16. 11. 2018).

Es gibt allerdings auch eine Reihe von Gerichtsurteilen, die demjenigen des Amtsgerichtes Heidelberg widersprechen:  So haben z. B. das Amtsgericht Reutlingen ( Az.: 5 C 1396/14 vom 26. 6. 2015), das Amtsgericht Charlottenburg (Az.: A238 C 184/17 vom 19. 10. 2018), das Amtsgericht Euskirchen (Az.: 27 C 259/16 vom 22. 1. 2019) sowie das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Az.: 26 K 4701/14 vom 24. 6. 2015) den zusätzlichen Ansatz der Nr. 5855 GOÄ analog zum Ansatz der Nr. 1375 GOÄ – einschließlich der zugehörigen Sachkosten (zum Beispiel Interface) – anerkannt.

Patienten über unklare Kostenerstattung aufklären

In Vorgesprächen zur Kataraktoperation sollten Augenärzte angesichts der uneinheitlichen Erstattungslage ihre Patienten darüber aufzuklären, dass der optionale Einsatz des Femtosekundenlasers möglicherweise nicht durch die Kasse erstattet wird und das Ergebnis einer Klage vor Gericht nicht abschätzbar ist.