Operationen bei Neugeborenen mit Fehlbildungen: Kompetenzen bündeln, Versorgung verbessern

Jeweils rund 250 Kinder kommen in Deutschland pro Jahr mit einer Ösophagusatresie oder einer Fehlbildung des Anorektums auf die Welt. Beides muss in komplexen kinderchirurgischen Eingriffen kurz nach der Geburt korrigiert werden. Warum es bei diesen und anderen angeborenen Fehlbildungen bei Neugeborenen und Kleinkindern sinnvoll sein kann, kinderchirurgische Kompetenzen in Zentren zu bündeln, war eines der Themen auf der Online-Pressekonferenz im Vorfeld des 139. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie am Donnerstag, den 24. März 2022. Der Deutsche Chirurgen Kongress (DCK) 2022 findet vom 6. bis 8. April in Leipzig statt, der Online-Prä-Kongress bereits seit 28. März  bis zum 30. März.

Etwa jedes 15. Neugeborene kommt mit einer Fehlbildung der inneren Organe, der Knochen oder anderer Körperteile auf die Welt [1]. Fehlbildungen prägen nicht nur das Leben der betroffenen Kinder, sie stellen auch eine Herausforderung für die ärztliche Versorgung dar. „Dabei geht es heutzutage bei der Behandlung einer angeborenen Fehlbildung in der Regel nicht mehr um die Frage, ob das Kind überlebt“, sagt Professor Dr. med. Udo Rolle, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) und Direktor der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main. „Dank moderner kinderchirurgischer Operationsmethoden und guter interdisziplinärer perioperativer Versorgung können wir uns heute darauf fokussieren, die Fehlbildung nicht nur zu beheben, sondern den Neugeborenen und Kleinkindern auch ein möglichst hohes Maß an Lebensqualität zu verschaffen“, so Rolle.

Gerade bei angeborenen Fehlbildungen entscheide die Qualität des Eingriffes darüber, wie die kleinen Patientinnen und Patienten den Rest ihres Lebens verbringen. Die Kinderchirurgie ist daher besonders sensibilisiert, Komplikationen zu vermeiden und ein exzellentes Behandlungsergebnis zu erzielen. „Der erste Eingriff muss sitzen“, betont der DGKCH-Präsident und fügt hinzu: „Ob eine Operation eine Fehlbildung wie gewünscht korrigieren kann, hängt in hohem Maße von der Erfahrung der Chirurginnen und Chirurgen ab.“ So liegen für verschiedene Arten von Fehlbildungen Studien vor, die dafür sprechen, die Versorgung solch komplexer Eingriffe in Spezialzentren mit besonderer Expertise zu bündeln [2].


Dies treffe vor allem dann zu, wenn eine Fehlbildung nur bei sehr wenigen Neugeborenen pro Jahr auftrete – etwa die Ösophagusatresie oder die anorektale Fehlbildung. In einer Operation kurz nach der Geburt verbindet die Kinderchirurgin oder der Kinderchirurg die beiden Ösophagusssegmente oder stellt auf andere Art und Weise die Durchlässigkeit der Speiseröhre her. „Je häufiger ein Operateur diesen hochkomplexen Eingriff vorher bereits durchgeführt hat, desto seltener treten während und unmittelbar nach der OP Komplikationen auf, die wiederum die Patienten, ihre Familie und auch das Gesundheitssystem belasten“, so Rolle. Das gilt auch insbesondere für Korrektureingriffe bei anorektalen Fehlbildungen. Daher fordert der DGKCH-Präsident, die Behandlung seltener Fehlbildungen auf spezialisierte Zentren zu konzentrieren. „So stellen wir eine hohe Behandlungsqualität bei dem so wichtigen Ersteingriff sicher“, so Rolle. Auch die weitere Betreuung nach dem Eingriff sollte in spezialisierten Zentren erfolgen.

 

1. Queißer-Luft A, Spranger J (2006) Fehlbildungen bei Neugeborenen. Dtsch Arztebl 103: A-2464/B-2136/C-2060
2. Elrod J, Boettcher M, Mohr C, Reinshagen K (2021) An analysis of the care structure for congenital malformations in Germany. Dtsch Arztebl Int 118: 601–602