Therapeutische Anwendung von Luxturna in der Augenheilkunde

Seit dem 23. November 2018 ist in der Europäischen Union das Medikament Luxturna™ zur gentechnischen Behandlung von Netzhautdystrophien bei Patienten mit Mutationen in beiden Allelen des RPE65-Gens zugelassen, seit April 2019 ist es nun in Deutschland erhältlich. Ansatzpunkt der Gentherapie sind Mutationen im RPE65-Gen. Diese führen zu einem partiellen oder vollständigen Funktionsverlust des Proteins, das in diesem Gen kodiert ist. Da das RPE65-Protein im Sehzyklus eine zentrale Rolle spielt, wird durch dessen Fehlen der Ablauf des Sehzyklus gestört. In der Folge sterben die Fotorezeptorzellen nach und nach ab. Bei der Gentherapie werden mittels eines Adeno-assoziierten viralen Vektors (Voretigen Neparvovec), der als Transportvehikel fungiert, intakte DNA-Kopien des RPE65-Gens in den Zellkern der Fotorezeptoren transferiert. Die Zellen können daraufhin das RPE65-Protein wieder herstellen und der Sehzyklus kann wieder korrekt ablaufen. Das Sehvermögen kann dadurch verbessert und teilweise – wenn auch nicht vollständig – wiederhergestellt werden. Geplant ist, den Wirkstoff einmalig subretinal in jedes Auge zu injizieren. Voraussetzungen für die Behandlung sind der Nachweis einer biallelischen RPE65-Mutation und das Vorhandensein von ausreichend lebensfähigen Retinazellen. Für die Therapie mit Luxturna ist ein netzhautchirurgischer Eingriff und eine Vitrektomie erforderlich, der eine Expertise des behandelnden Chirurgen voraussetzt. Die Therapie darf daher nur in spezialisierten ophthalmologischen Behandlungszentren nach spezifischen Schulungen erfolgen.

Aktuelle Stellungnahme von BVA, DOG und RG

Gemeinsam haben die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft, der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands sowie die Retinologische Gesellschaft nun eine „Stellungnahme zur therapeutischen Anwendung von voretigene neparvovec-rzyl (Luxturna™) in der Augenheilkunde“ (Stand Januar 2019) herausgegeben. Es werden darin Behandlungsempfehlungen und das Anwendungsspektrum der Therapie dargelegt. Im Folgenden ein Auszug der Kernaussagen:

  • Vor der Durchführung einer Therapie mit Luxturna muss eine klinisch gesicherte Diagnose vorliegen, d.h. aufgrund von Genanalysen ist eine biallelische RPE65-Mutation als Krankheitsursache zu belegen. Idealerweise erfolgt der Nachweis durch Segregationsanalyse bei den Eltern. Außerdem muss sichergestellt sein, dass ausreichend Zielzellen vorhanden sind, um einen therapeutischen Nutzen zu gewährleisten.
  • Es ist zu berücksichtigen, dass es für die Sicherheit und Wirksamkeit einer Therapie vor dem vierten Lebensjahr keine Daten gibt.
  • Grundbedingung ist, dass der Chirurg über Erfahrungen in der subretinalen Chirurgie bei Patienten mit fortgeschrittener Netzhautdystrophie oder anderen degenerativen Erkrankungen der Netzhaut sowie speziell auch in der vitreoretinalen Chirurgie bei Kindern und jungen Erwachsenen verfügt.
  • Eine Anreicherung von Luxturna im Glaskörperraum und damit das Risiko einer geringeren Bioverfügbarkeit im Zielgewebe und/oder höherer systemischer Biodistribution soll vermieden werden.
  • Eine entzündungshemmende Begleitmedikation soll gemäß der Fachinformation verordnet werden.
  • Um den Nachweis der subretinalen Injektion von Luxturna unter kontrollierten Bedingungen zu ermöglichen, ist der Einsatz eines intraoperativen OCT sowie eines Vitrektomie-Systems mit semiautomatisierter Steuerung der Injektionsgeschwindigkeit notwendig.
  • Zur Beurteilung des Therapieerfolges sollen prä- und postoperativ mindestens die bestkorrigierte Sehschärfe, die globale Netzhautsensitivität sowie OCT- und FAF-Aufnahmen durchgeführt werden.
  • Alle Nebenwirkungen werden in einer Registerstudie erfasst.
  • Das gesamte Operationsteam muss im Umgang mit Stoffen der biologischen Schutzstufe 1 geschult werden.

Die vollständige Stellungnahme kann eingesehen werden unter
https://www.dog.org/wp-content/uploads/2019/03/Luxturna-Stellungnahme-19_02_22.pdf

Die Bedingungen der Europäischen Zulassungsbehörde EMA sind abrufbar unter
www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/luxturna-epar-product-information_de.pdf