Urteil: Belegärzte müssen innerhalb von 30 Minuten in der Klinik sein

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 18. März 2021 ist die Anerkennung eines Arztes als Belegarzt immer an die Entfernung von der Belegklinik gekoppelt: Eine Anerkennung wird nur erteilt, wenn die Klinik innerhalb von 30 Minuten erreicht werden kann. Dies gilt auch, wenn der Arzt innerhalb einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) tätig ist und seine Kollegen bereits als Belegärzte zugelassen sind. (Az.: B 6 KA 6/20 R).

Geklagt hatte ein Facharzt für Orthopädie und Chirurgie, der seit dem Jahr 2017 als Vertragsarzt tätig ist. Er ist in einer üBAG tätig, zwei weitere Ärzte der üBAG sind bereits als Belegärzte am benachbarten Klinikum tätig. Seinen Antrag auf Belegarztanerkennung lehnte die Kassenärztliche Vereinigung ab, da der Vertragsarztsitz des Klägers 42 Kilometer vom Klinikum entfernt ist und somit – bei etwa 39 Minuten Fahrtzeit – eine unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der Belegpatienten nicht gewährleitstet sei.

Sowohl das Sozialgericht München als auch das Bayerische Landessozialgericht gaben dem Arzt Recht und sahen eine leichte Überschreitung der Fahrzeit in seinem Fall als vertretbar an. Sie begründeten ihre Entscheidung damit, dass er Mitglied einer üBAG ist, in der zwei weitere Belegärzte am selben Krankenhaus tätig sind. Die gemeinsame Berufsausübung der BAG beziehe sich auch auf den Ort des Belegkrankenhauses, somit sei die durchgehende ärztliche Versorgung der Belegpatienten gewährleistet.

Der Fall gelangte vor das BSG, da die Kassenärztliche Vereinigung argumentierte, dass eine Belegarztanerkennung immer personenbezogen ausgestaltet sei und ein Belegarzt die volle Verantwortung für seine Patienten habe. Daher müsse er persönlich in der Lage sein, bei Komplikationen kurzfristig die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Eine Eignungsvoraussetzung sei daher die Fahrtzeit zum Klinikum. Das BSG gab der Kassenärztlichen Vereinigung Recht und hob die vorausgegangenen Urteile auf. Gemäß Bundesmantelvertrag Ärzte müsse für eine Anerkennung als Belegarzt eine unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung gewährleistet sein. Dem stehe die Entfernung zwischen dem Vertragsarztsitz des Arztes und dem Belegkrankenhaus entgegen. Ein Belegarzt habe eine besondere persönliche Verantwortung für seine stationären Patienten. Diese erfordert es, dass er neben seiner ambulanten Tätigkeit bedarfsgerecht im Krankenhaus anwesend sein kann. Damit ist die Entfernung zwischen Praxissitz und Krankenhaus eine relevante Bedingung: Der Arzt muss das Krankenhaus innerhalb von 30 Minuten typischerweise erreichen können. Dies war im Fall des klagenden Arztes nicht gegeben, da dessen Fahrzeit nach den Feststellungen des Landessozialgerichtes etwa 39 Minuten beträgt. Dass die anderen Belegärzte der BAG diese Bedingung erfüllen, ändere an der Beurteilung nichts – eine Belegarztanerkennung sei immer personenbezogen zu prüfen und zu erteilen.