Bundesrat lehnt aktuellen Entwurf des Medizinforschungsgesetzes ab

Der Bundesrat hat sich Mitte Mai 2024 gegen die aktuelle Version des geplanten Medizinforschungsgesetzes* ausgesprochen. Er hat sich damit der Vorlage des Gesundheitsausschusses des Bundesrates angeschlossen, in der einige Änderungen gefordert werden. Insbesondere die geplante Gründung einer spezialisierten und beim Bund angesiedelten Ethikkommission stieß auf Widerstand – im Vorfeld wurde dies ebenfalls bereits von zahlreichen Ärztevertretern und Organisationen, beispielsweise der Bundesärztekammer, bemängelt. Auch die im Gesetz vorgesehenen vertraulichen Preise für Arzneimittel, die die gesetzlichen Krankenversicherungen an die Arzneimittelhersteller zahlen, seien nicht nur intransparent, sondern auch mit einem hohen bürokratischen und finanziellen Aufwand verbunden und hätten daher nur einen fraglichen Nutzen.

Gesundheitsministerin von Brandenburg befürwortet Teile des Gesetzes

Ursula Nonnenmacher (Bündnis 90 / Die Grünen), Gesundheitsministerin von Brandenburg, befürwortet das Gesetz eingeschränkt: Es sei dringend erforderlich, den aktuell rückläufigen Trend bei der Durchführung von klinischen Prüfungen in Deutschland umzukehren. Jedoch sei die im Gesetz vorgesehene Schaffung einer spezialisierten, beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelten Ethikkommission unnötig bzw. kontraproduktiv. Die aktuell in den einzelnen Ländern eingerichteten Ethikkommissionen seien bewährt, verlässlich und würden schnell reagieren. „Es besteht eine absolute Notwendigkeit, dass eine unabhängige ethische Bewertung von klinischen Prüfungen auch in Zukunft beibehalten bleibt. Dies ist seit Jahrzehnten ein Grundprinzip des Probandenschutzes in Deutschland“, so U. Nonnemacher. Die Einrichtung einer spezialisierten Ethikkommission beim BfArM gefährde diese wichtige Unabhängigkeit, da das Bundesgesundheitsministerium die Mitglieder der Kommission benennen und die Fachaufsicht führen solle.

GKV-Spitzenverband begrüßt Ablehnung der Länder

Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des GKV-Spitzenverbandes, äußerte sich zustimmend: „Wir begrüßen, dass die Länder die Möglichkeit für Pharmaunternehmen ablehnen, Geheimpreise für Arzneimittel zu vereinbaren.“ Diese Preise hebelten das Gebot der Wirtschaftlichkeit aus. Es sei Ärzten unmöglich, wirtschaftlich zu verordnen, wenn keine Preistransparenz bestehe. „Wenn sich Geheimpreise durchsetzen, werden sie die ohnehin steigenden Ausgaben für Arzneimittel deutlich um viele Milliarden Euro zusätzlich in die Höhe treiben“, so S. Stoff-Ahnis weiter.

AOK-Bundesverband lehnt Intransparenz ebenfalls ab

Auch der AOK-Bundesverband äußerte sich ablehnend: „Die Einführung von geheimen Erstattungsbeträgen würde zu erheblicher Intransparenz sowie zu einem hohen bürokratischen und finanziellen Aufwand führen, der mit verantwortungsvollen gesundheitsökonomischen Erwägungen nicht vereinbar ist“, so Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK. „Überhaupt scheint kaum jemand die Geheimpreise für eine gute Idee zu halten: Weder die Ärzteschaft, noch die PKV und sogar Teile der Pharmaindustrie sprechen sich explizit dafür aus. Da fragt man sich schon: Wem nutzt das am Ende eigentlich trotzdem?“

Bundesverband der Arzneimittelhersteller kritisiert vorgesehene Streichungen

Der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) kritisierte insbesondere einige Streichungen, die innerhalb der klinischen Prüfungen und des Strahlengesetzes vorgesehen sind. Diese stünden in Widerspruch zu den Zielen des Gesetzes. „Einheitliche Richtlinien sind der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung unserer nationalen Pharmastrategie“, so Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin des BAH. Der Verband spreche sich daher nachdrücklich für die Beibehaltung der Richtlinienkompetenz des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen aus.

* Das Medizinforschungsgesetz ist Teil des Ende 2023 beschlossenen Strategiepapiers „Verbesserungen der Rahmenbedingungen für den Pharmabereich in Deutschland“, das die Attraktivität von Deutschland als Forschungs- und Produktionsstandort stärken soll. Es soll die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten verbessern. Hierfür sollen Inhalte des Arzneimittelgesetzes, des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes, des Strahlenschutzgesetzes und der Arzneimittelverschreibungsverordnung geändert werden.