Hohes Mortalitätsrisiko bei alten einsamen Menschen nach nicht-elektiven Operationen

Ältere, einsame Menschen haben nach ungeplanten Operationen ein statistisch signifikant erhöhtes postoperatives Risiko, innerhalb von 30 Tagen zu versterben. Mit jedem zusätzlichen Punkt auf einer Vier-Punkte-Skala stieg das Mortalitätsrisiko um nahezu 80 Prozent. Mehr als 40 Prozent dieser älteren Menschen in den USA fühlen sich ständig einsam, schreiben Mary R. Shen und Kollegen vom Center for Healthcare Outcomes and Policy in Ann Arbor, Michigan, in der vorliegenden, durch die National Institutes of Health finanzierten Untersuchung, die Mitte November 2022 als Research Letter in JAMA Surgery erschienen ist [1]. Einsamkeit wird mit einem erhöhten Risiko für Erkrankungen wie Schlaganfall, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz sowie mit vorzeitigem Tod in Verbindung gebracht. Ob Einsamkeit die postoperativen Ergebnisse beeinflusst, bleibt jedoch unklar. Die retrospektive Kohortenstudie mit Daten aus der „Health and Retirement“-Studie wurde verlinkt mit den Abrechnungen des staatlichen Versicherers Medicare (www.medicare.gov) aus dem Zeitraum 2004–2016 (N=4453). Eingeschlossen wurden 3830 Personen (>65 Jahre) mit einer elektiven Operation sowie 623 Personen mit nicht-elektivem Eingriff (Durchschnittsalter 75 Jahre, Frauenanteil 56,6 %). Die Einsamkeit wurde mit drei Fragen erhoben, in Form einer aufsteigenden Skala von 0 bis 3 quantifiziert, und der 30-Tage-Mortalität gegenübergestellt. Es verstarben 36 Patienten nach elektiven Eingriffen (0,9 %), dagegen 46 (7,4 %) nach nicht-elektiven Eingriffen. Trotz eines Chancenverhältnisses (Odds Ratio, OR) von 0,46 bestand bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,20–1,01 bei den elektiven Eingriffen keine statistisch signifikante Assoziation zwischen Einsamkeit und Mortalität (P=0,053). Knapp statistisch signifikant war der Zusammenhang zwischen Einsamkeit und Mortalität dagegen bei den nicht-elektiven Eingriffen (OR 1,76; 95-%-Konfidenzintervall 1,03–3,02; P=0,04). Mit jedem zusätzlichen Punkt auf der Einsamkeitsskala stieg hier das Todesrisiko um 76 Prozent. „Einsamkeit könnte eine wichtige soziale Determinante für das Ergebnis nach Operationen sein, insbesondere bei nicht-elektiven Eingriffen“, folgern die Autoren. Mögliche Strategien dagegen könnten engmaschige Nachverfolgungen sein, entweder in Form persönlicher Visiten oder per Telefon/Telemedizin.

1. Shen MR, Suwanabol PA, Howard RA, et al (2022) Association between loneliness and postoperative mortality among Medicare beneficiaries. JAMA Surg 2022; doi: 10.1001/jamasurg.2022.4784