Lieferengpässe: 26% der Patienten erhalten aktuell nicht das verordnete Präparat

Wie Abrechnungsdaten der Apotheken aus dem 4. Quartal 2022 ergeben, erhalten 26% der Patienten in der Apotheke nicht das Präparat, dass ihnen durch den Arzt verordnet wurde. Als Berechnungsgrundlage wurde die Verwendung der sogenannten Sonder-Pharmazentralnummer herangezogen. Diese wird von den Apotheken immer dann abgerechnet, wenn statt des rabattierten Präparats ein wirkstoffgleiches Arzneimittel eines anderen Herstellers abgegeben wurde.

Im Jahr 2021 und in den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 war die Menge der abgerechneten Sonder-Pharmazentralnummer relativ stabil und stieg im vierten Quartal deutlich an, sodass in den letzten drei Monaten des Jahres 2022 insgesamt 10% der verordneten Arzneimittel (bei insgesamt 26% der Patienten) durch wirkstoffgleiche Arzneimittel ersetzt wurden. Betroffen waren auch häufig verordnete Wirkstoffe.

„Die Gründe für Lieferengpässe sind vielschichtig. Neben nicht ausreichenden Produktionskapazitäten oder dem Rückzug einzelner Hersteller können auch kurzfristige Veränderungen im Krankheitsgeschehen zu Problemen führen. So ist im Dezember 2022 von Versorgungsschwierigkeiten bei Antibiotika mit den Wirkstoffen Amoxicillin, Amoxicillin/Clavulansäure und Penicillin V berichtet worden. Dies war eine besondere Herausforderung, da viele Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, in diesem Zeitraum an einer bakteriellen Infektion erkrankten. Der Markt konnte jedoch nicht zeitnah genug auf den gesteigerten Bedarf reagieren. Während im 4. Quartal 2021 die 3 Wirkstoffe knapp 2 Millionen Mal verordnet wurden, waren es im 4. Quartal 2022 mehr als 3,1 Millionen Verordnungen (+57%). Insbesondere bei so wichtigen Wirkstoffen wie Antibiotika sollte daher neben stabilen Lieferketten auch eine Reserve vorgehalten werden“, so Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, bei der Veröffentlichung der Daten. Für eine Reduzierung der Lieferengpässe sei es nötig, an den tatsächlichen Ursachen anzusetzen und Transparenz über die Lieferwege zu schaffen. Diese seien aktuell oftmals nur den jeweiligen Pharmafirmen bekannt. „Konkret heißt das: Abhängigkeiten von Lohnherstellern in Asien zurückfahren und verbliebene Standorte in Europa stärken sowie Lieferengpässe konsequenter überwachen, damit frühzeitig präventive Maßnahmen ergriffen werden können“, so D. von Stillfried weiter.