Schiedsspruch: Pharmazeutische Dienstleistungen starten

Ab sofort ist es Apotheken erlaubt, verschiedene pharmazeutische Dienstleistungen anzubieten und über die Krankenkassen abzurechnen. So können Apothekern nun laut Medienberichten beispielsweise für eine Vergütung von 11,20 Euro netto eine zusätzliche Betreuung bei ärztlich diagnostiziertem Bluthochdruck anbieten, für 20 Euro eine Einweisung zu inhalativen Medikamenten durchführen, für jeweils 90 Euro Tumorpatienten zur Einnahme einer oralen Antitumortherapie oder organtransplantierte Patienten zur Einnahme von Immunsuppressiva beraten. Bei der Einnahme von über fünf verschriebenen Medikamenten darf zudem für 90 Euro eine Medikationsanalyse vorgenommen werden. Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind Bestandteil des Apotheken-Vor-Ort-Stärkungsgesetzes aus dem Jahr 2020. Nachdem keine Einigung über die Höhe der Vergütungen stattfand, wurde das Schiedsgericht im Herbst 2021 beauftragt, die Höhe der Vergütung festzulegen, der Schiedsspruch wurde nun gesprochen.

Deutscher Hausärzteverband fordert Anpassung des ärztlichen Honorars

Der Deutsche Hausärzteverband äußerte sich zu dem Schiedsspruch sehr kritisch: „Es ist nun genau das passiert, was wir seit Beginn der Diskussion befürchtet haben: Durch die Einführung der sogenannten pharmazeutischen Dienstleistungen werden die Versorgung weiter zerstückelt und hausärztliche Aufgaben ausgelagert. Beim Medikationsmanagement werden in Zukunft neben den Krankenhäusern und diversen Fachärztinnen und Fachärzten auch noch die Apothekerinnen und Apotheker verstärkt mitmischen. Am Ende werden die Hausärztinnen und Hausärzte diejenigen sein, die für die Patientinnen und Patienten diese ganzen unterschiedlichen Beratungen zusammenbringen und bewerten müssen. Diese Entwicklung ist genau das Gegenteil von dem, was gute Versorgung ausmacht", so Dr. med. Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes. Weiter kritisierte er die Höhe der Vergütungen: „Hausärztliche Leistungen dürfen selbstverständlich nicht weniger wert sein als die Leistungen der Apothekerinnen und Apotheker. Alles andere würde wirklich kein Mensch mehr verstehen. Hier braucht es dann im Zweifel eine Anpassung der Bewertungen", sagte U. Weigeldt.

KBV kritisiert Dienstleistungen als fragwürdig und teuer

Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung spart nicht mit Kritik. So bezeichnete Dr. med. Andreas Gassen den pharmazeutischen Dienstleistungskatalog als „inhaltlich fragwürdig und teuer“. Auch er forderte im Umkehrschluss eine Honorarerhöhung für die Ärzte: „Offenbar scheinen die Krankenkassen über genügend finanzielle Mittel zu verfügen. Da wäre es nur folgerichtig, die letztlich fundiertere ärztlich-medizinische Betreuung mindestens auf das den Apotheken zugestandene Finanzniveau anzuheben. Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen erbringen die gleichen Leistungen trotz der besseren fachlichen Qualifikation derzeit zu einem deutlich geringeren Satz. Das kann nicht sein“, so seine Argumentation. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende, Dr. med. Stephan Hofmeister, äußerte sich noch deutlicher: „Das ist ein fundamentaler Angriff auf die hausärztliche Versorgung, der angesichts der Versprechungen der Politik, die hausärztliche Versorgung stärken zu wolle, fast schon zynisch anmutet. Nur die Ärztinnen und Ärzte weisen eine qualifizierte Heilkundeerlaubnis auf, die unter anderem die Anamnese, Untersuchung, Diagnostik und Differenzialdiagnosen sowie Pharmakotherapie umfasst. Die Apotheker haben dieses Wissen nun einmal nicht.“