Wolfgang Haigis verstorben: Ohne seine Formel ist moderne Kataraktchirurgie kaum denkbar

Prof. Dr. Wolfgang Haigis

Die Biometrie ist eine der wichtigsten Grundlagen für eine erfolgreiche Kataraktchirurgie. Jeder Praktiker und jeder Ophthalmochirurg weiß, dass viele Patienten den postoperativen Erfolg nach dieser häufigsten chirurgischen Intervention nicht nur über einen exzellenten Visus definieren, sondern oft auch durch die mit einer solch optimalen Funktion verbundene „Brillenfreiheit“. Diese hängt entscheidend von der richtigen IOL-Stärke ab – und dafür ist eine genaue Berechnung mit einer adäquaten Formel essentiell. Einer Formel wie jener, die den Namen „Haigis“ trägt. Der Schöpfer dieser Formel (und ihrer Varianten), der an der Universität Würzburg arbeitende Physiker Prof. Dr. Wolfgang Haigis, ist am 15. Oktober 2019 im Alter von 72 Jahren gestorben. Sein sich über fast fünf Jahrzehnte erstreckendes Wirken zugunsten der Patienten und der Augenchirurgen wird ihm einen bleibenden Platz im Gedächtnis der augenärztlichen Gemeinschaft sichern. 

Seit 1977 war die Biometrie ein Forschungsschwerpunkt von Wolfgang Haigis, dessen Kompetenz auf diesem Gebiet weltweit nicht ihresgleichen haben dürfte. Mit der Haigis-Formel wurde die optische Biometrie mit dem IOL-Master (hinter dessen Entwicklung er die treibende Kraft war) zu einer Art Goldstandard, dem Augenchirurgen weltweit folgten. Haigis' immenses Wissen um die Grundlagen der Biometrie schlugen sich in über 200 wissenschaftlichen Publikationen und mehr als 500 Vorträgen nieder. Er hielt Kurse zur Ultraschalluntersuchung der vorderen Augenabschnitte und der Adnexe ab, erstellte mit ULIB eine Datenbank zur Optimierung der in der Biometrie gebräuchlichen Konstanten und gründete ein Gremium für Experten, den IOL-Power-Club.

Wolfgang Haigis wurde im Jahr 2009 für seine Verdienste als Erstem der DGII-Wissenschaftspreis verliehen. Über das Wissenschaftliche hinaus beeindruckte an Haigis die menschliche Seite. „Wolfgang Haigis war ein Muster an Hilfsbereitschaft, der praktisch immer ansprechbar war und sich nicht zu schade war, Kollegen mit Biometrieproblemen bei der Berechnung zu helfen. Diese seine Hilfsbereitschaft und seine unglaubliche Kompetenz auf einem schwierigen Feld machten ihn schon zu Lebzeiten zu einer Legende. Sein zu früher Heimgang ist ein Verlust für die ganze Ophthalmologie.“ – so würdigt ihn DGII-Präsident Prof. Dr. Burkhard Dick (Bochum).