Aktuelles Urteil: Eigenfett-Transplantation bei Rhizarthrose unterliegt dem Arzneimittelgesetz

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat am 21. Juni 2018 entschieden, dass es sich bei der Behandlung einer Rhizarthrose am Sattelgelenk  durch die Transplantation von Eigenfett um eine neuartige Therapie im Rahmen des Arzneimittelgesetzes (AMG)  handelt, die eine Erlaubnis der zuständigen Behörde nach § 13 AMG bedarf. Das implantierte körpereigene Fettgewebe ist in diesem Fall ein Arzneimittel (7 B 2260/18).

Hintergrund der Klage vor dem Verwaltungsgericht waren mehrere Veröffentlichungen eines plastischen Chirurgen

Hintergrund der Klage vor dem Verwaltungsgericht waren mehrere Veröffentlichungen eines plastischen Chirurgen mit den Zusatzbezeichnungen Handchirurgie und Notfallmedizin im Jahr 2015, in denen die Behandlung einer Rhizarthrose am Sattelgelenk der Hand durch Eigenfett beschrieben wurde. Für diese Behandlung wurde unter Lokalanästhesie Fettgewebe aus einer fettreichen Körperstelle entnommen, zentrifugiert und anschließend in das Gewebe der Hand reimplantiert. Bei der Entnahme des Fettgewebes wurden eine physiologische Kochsalzlösung, ein Lokalanästhetikum und Adrenalin verwendet. Die Patienten zeigten laut den Veröffentlichungen eine Schmerzlinderung aufgrund des eintretenden Gleiteffektes sowie eine Regeneration des Sattelgelenkes mit einer Rückbildung der Arthrose durch die im Präparat erhaltenen Stammzellen. Diese Veröffentlichungen waren die Grundlage für das Verwaltungsgericht, die Notwendigkeit einer arzneimittelrechtlichen Erlaubnis bei der Herstellung eines derartigen Implantats zu überprüfen.

Eigenfett gilt aufgrund der veränderten Funktion sowie der Aufbereitung als Arzneimittel

Das Gericht hat nun entschieden, dass es sich bei dem implantierten Fettgewebe um ein Arzneimittel für neuartige Therapien handelt: Es wird an einer anderen Körperregion eingesetzt als dem Ursprungsort und erfüllt dort eine andere Wirkung. Während das Fettgewebe am Entnahmeort lediglich die Funktion einer reinen Volumenfüllung hat, ist es an seinem Zielort für die Bildung eines Gleitlagers im Gelenk zuständig und wirkt überdies hinaus möglicherweise immunmodulatorisch bzw. antiinflammatorisch. Zudem findet eine Aufbereitung des Fettgewebes statt: Bei der Zentrifugation werden die einzelnen Bestandteile (Fettzellen, Stammzellen, Gewebsflüssigkeit, Lokalanästhetikum, Gefäßreste) voneinander getrennt. Die injizierte Gewebszubereitung entspricht nicht mehr vollständig der Zusammensetzung des ursprünglichen Fettgewebes und gilt daher auch nicht mehr als unbearbeitet. Aus diesen Gründen sei das Verfahren nach Ansicht des Gerichts keine einfache Bearbeitung, sondern eine erlaubnispflichtige Herstellung von Arzneimitteln. Damit widerspricht es explizit der Einschätzung der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), die im November 2016 in einem Konsenuspapier festgestellt hatte, dass das für eine Eigenfetttransplantation verwendete, lediglich zentrifugierte Gewebe nicht als Arzneimittel einzustufen sei. Die DGPRÄC sei hier von „unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen“ ausgegangen, so die Richter.