BGH: TÜV muss keinen Schadensersatz wegen minderwertiger Mamma-Implantate zahlen

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied am 22. Juni 2017, dass der TÜV Rheinland im Fall der minderwertigen Mamma-Implantate nicht zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist (VII ZR 36/14).

Geklagt hatte eine Frau, die sich im Jahr 2008 Silikonimplantate eines in Frankreich ansässigen Unternehmens einsetzen ließ. Zwei Jahre später stellte die zuständige französische Behörde fest, dass bei der Herstellung der Brustimplantate entgegen dem Qualitätsstandard minderwertiges Industriesilikon verwendet wurde. Das Unternehmen meldete daraufhin Insolvenz an. Auf ärztlichen Ratschlag ließ sich die Klägerin daraufhin 2012 ihre Implantate entfernen. Sie verklagte den TÜV Rheinland, der - als sogenannte "benannte Stelle" - die minderwertigen Implantate zertifiziert hatte. Nach Ansicht der Klägerin sei der TÜV seinen Prüfpflichten nicht ausreichend nachgekommen. Sie forderte ein Schmerzensgeld von mindestens 40 000 Euro und die Feststellung der Ersatzpflicht für künftig entstehende materielle Schäden.

Die Entscheidung zog sich durch mehrere Instanzen: Das Landgericht wies die Klage zunächst ab und der Fall wurde in einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht weiterverhandelt. Dieses wies die Klage ebenfalls zurück und die Klägerin legte Revision ein. Der Bundesgerichtshof verwies den Fall an den Gerichtshof der Europäischen Union. Dieser stellte klar, dass der TÜV Rheinland nach geltender EU-Medizinprodukte-Richtlinie keine generelle Pflicht für unangemeldete Inspektionen oder Produktprüfungen habe, sofern keine Hinweise auf Verstöße gegen das Medizinproduktegesetz vorliegen. Der Fall wurde vor dem BGH weiterverhandelt und die Klage abgewiesen.

Neue EU -Verordnung soll Medizinprodukte sicherer machen

Die minderwertigen Mamma-Implantate waren Auslöser für eine Änderung der Europäischen Medizinprodukteverordnung. Sie trat am 25. Mai 2017 in Kraft und muss - nach einer Übergangszeit von drei Jahren - spätestens ab dem Jahr 2020 angewendet werden. Die neue Verordnung soll mehr Patientensicherheit garantieren: Mit Inkrafttreten ändert sich das Zulassungsverfahren für Implantate. Zudem wird die Marktüberwachung von Medizinprodukten neu geregelt und es wird eine "Unique Device Identifikation" (UDI) eingeführt, die eine lückenlose Identifikation von Medizinprodukten vom Hersteller über den Fachhandel und das Krankenhaus bis hin zum Patienten ermöglicht. Weiterhin wird es Neuerungen in den Zertifizierungsstellen geben: Innerhalb von sechs Monaten werden europaweit zwischen 50 und 60 sogenannte "Benannte Stellen" ausgewählt, die Prüfsiegel nach der neuen Verordnung erteilen können.