Britischer Chirurg wegen zahlreicher unnötiger Eingriffe verurteilt

Der britische Chirurg Ian Paterson wurde im Mai 2017 nach einem siebenwöchigen Prozess in Nottingham zu 15 Jahren Haft verurteilt. Nach aufwendigen Ermittlungen und zahlreichen emotionalen Zeugenaussagen sprachen die Richter den 59jährigen „Brustchirurgen" wegen unnötiger Operationen in 17 Fällen schuldig; zuvor war er bereits wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zehn Fällen verurteilt worden. Paterson hatte den zumeist völlig gesunden Patientinnen und Patienten eingeredet, sie seien an Brustkrebs erkrankt und führte aufwendige Eingriffe, in vielen Fällen auch Mastektomien durch. In anderen Fällen übertrieb er – Berichten in der britischen Presse zufolge – die Schwere der Krebserkrankung. Zahlreiche Betroffene wurden über Jahre hinweg immer wieder von ihm operiert. Tatsächlich an Brustkrebs Erkrankte behandelte der Chirurg offenbar in vielen Fällen unvollständig oder operierte sie nicht korrekt: So soll Paterson aus kosmetischen Gründen eine spezielle OP-Technik angewendet haben, wodurch es gehäuft zu Rezidiven gekommen sei.

Bereits 2003 gab es Beschwerden von Kollegen der Klinik in Birmingham über Patersons Brusteingriffe

Paterson arbeitete Anfang der 1990er Jahre an verschiedenen Kliniken in den West Midlands, seit 1998 dann an einer Klinik des Heart of England NHS Foundation Trust in Birmingham. Dort war er eingestellt worden, obwohl sein früherer Arbeitgeber Informationen über eine Untersuchung wegen der „Gefährdung eines Patienten" und eine zeitweilige Suspendierung Patersons korrekt weitergegeben hatte. Bereits 2003 gab es Beschwerden von Kollegen der Klinik in Birmingham über Patersons Brusteingriffe, denen zufolge er bei Lumpektomien und Mastektomien regelmäßig „zu wenig Gewebe" entfernt und dadurch das Rezidivrisiko erhöht habe. 2010 kamen die ersten Zivilklagen betroffener Patientinnen gegen den Heart of England NHS Foundation Trust vor Gericht; mittlerweile wurden insgesamt rund 18 Millionen Pfund an Entschädigungen bezahlt. Trotz der Beschwerden und laufender Klagen dauerte es jedoch mehrere Jahre bis Paterson schließlich 2012 vom General Medical Council suspendiert wurde.

Ob die betroffenen Privatpatienten jemals entschädigt werden, ist derzeit unklar

Die meisten der von Paterson unnötig oder unzureichend operierten, noch lebenden Patienten leiden noch heute unter den physischen und psychischen Folgen der Eingriffe, viele von Ihnen durchlebten persönliche Krisen, verloren ihre Arbeitsstellen oder mussten sich für die überflüssigen Behandlungen hoch verschulden. Ob die betroffenen Privatpatienten jemals entschädigt werden, ist derzeit unklar - Patersons private Haftpflichtversicherung hat offenbar ihre Deckungszusage zurückgezogen. Über die Motive für das vollkommen unethische Verhalten des Chirurgen herrscht nach wie vor Unklarheit, da Paterson sich vor Gericht nicht selbst geäußert hat. Ermittler und Anwälte der Betroffenen mutmaßten öffentlich, er habe „Gott gespielt" um seine Reputation als Brustchirurg zu erhöhen und seinen luxuriösen Lebenswandel zu finanzieren.