Brustkrebs-Patientin darf mit neuartiger Chemotherapie behandelt werden

Das Grundrecht auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes kann es gebieten, dass einer Patientin die Behandlung mit einer neuartigen Chemotherapie zugesprochen wird, auch wenn noch nicht feststeht, dass das Medikament für diese Behandlung zugelassen werden kann und sicher wirksam ist. Das hat das Sozialgericht Dresden (SG) Ende März 2017 entschieden (Az.: S 18 KR 268/17ER).

Die 48 Jahre alte Antragstellerin erkrankte 2008 an einer aggressiven Form von Brustkrebs. Nach einer Operation wurde sie mit Chemotherapie und Bestrahlung behandelt. Dennoch bildeten sich immer wieder Metastasen. Ihr Arzt schlug 2017 die Behandlung mit Pertuzumab im Rahmen einer Kombinationstherapie vor.

Akut lebensbedrohlicher Zustand lässt keine Zeit für weitere Gutachten

Die AOK Plus lehnte die Übernahme der Kosten ab. Pertuzumab ist in Europa seit 2013 zugelassen, allerdings beschränkt auf Fälle, in denen noch keine vergleichbare Behandlung stattfand („First-line") - für die sogenannte „Further-line-Therapie" fehlt diese. Da die Antragstellerin bereits seit 2008 mit Chemotherapie behandelt wird, war eine First-line-Behandlung nicht mehr möglich. Die Antragstellerin beantragte beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das SG Dresden gab dem Eilantrag statt. In der Kürze der Zeit war nicht zu klären, ob die von der Krankenkasse vorgeschlagene Chemotherapie mit zugelassenen Medikamenten gleichwertig ist. Die vom Gericht befragten Ärzte bestätigten, dass die Antragstellerin von der Further-line-Behandlung mit Pertuzumab in Dreierkombination profitieren könnte. Ob diese Einschätzung zutrifft, könnte nur durch einen Obergutachter geklärt werden. Dazu fehlte wegen des akut lebensbedrohlichen Zustandes der Klägerin allerdings die Zeit. Unter diesen Umständen mussten die wirtschaftlichen Interessen der Kasse hinter dem Schutz des Lebens der Antragstellerin zurücktreten.