DGCH: Unterstützung für Bundesrat zur Widerspruchslösung

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH) unterstützt die Forderung des Bundesrats nach Einführung einer Widerspruchslösung bei der Organspende auch in Deutschland. „Das bisherige Verfahren, die erweiterte Zustimmungslösung, hat nicht den gewünschten Erfolg bei Organspenden gebracht“, erklärt DGCH-Generalsekretär Prof. Dr. Thomas Schmitz-Rixen. Ein Systemwechsel hin zum Widerspruch sei daher dringend geboten. In Deutschland gilt derzeit die „erweiterte Zustimmungslösung“, die 2020 mit einer Reform auf den Weg gebracht worden war. Für die Organentnahme nach dem Hirntod eines Menschen ist demnach weiterhin die aktive Zustimmung des Betroffenen zu Lebzeiten, die Zustimmung eines engen Angehörigen oder eines Bevollmächtigten erforderlich; darüber hinaus sollte die Reform dazu beitragen, durch mehr Aufklärung und regelmäßige Auseinandersetzung mit dem Thema die Entscheidungsbereitschaft zu stärken. Dennoch stagniert hierzulande die Zahl der Organspenden auf niedrigem Niveau: Mehr als 8000 Menschen warten aktuell auf ein Spenderorgan, täglich versterben Patienten auf der Warteliste. Gleichzeitig ist Deutschland umgeben von Nachbarländern, in denen die Widerspruchslösung gilt – dort kommt grundsätzlich Jeder als Organspender in Frage, es sei denn, er hat dem zu Lebzeiten widersprochen oder einer der nächsten Angehörigen macht dies nach dessen Tod. Da in diesen Ländern häufiger gespendet wird, erhält auch Deutschland von dort Spenderorgane.
 
Eine nicht hinnehmbare Situation
Diese Situation sei nicht hinnehmbar, findet Prof. Dr. Matthias Anthuber vom Universitätsklinikum Augsburg, zugleich Initiator des alljährlichen gemeinnützigen Organspendelaufs beim DCK, der für Organspenden wirbt. „Die Bundestagsabgeordneten konnten sich vor drei Jahren aus vorgeblich ethischen Gründen mehrheitlich nicht zu einer Widerspruchslösung durchringen. Da verwundert es doch, dass es von Seiten der deutschen Politik keinen Aufschrei gibt, wenn in unseren Kliniken täglich Spenderorgane aus Ländern transplantiert werden, die unter den rechtlichen Bedingungen der Widerspruchslösung entnommen wurden“, so Anthuber. „Wäre die deutsche Politik konsequent, müsste sie aufgrund ethisch-moralischer Bedenken die Transplantation dieser Organe in Deutschland verbieten.“ Dann gäbe es allerdings nicht nur 1000 Tote/Jahr auf der Warteliste in Deutschland, sondern 2000 oder 3000. Zum Vergleich: Mit der Widerspruchslösung in Spanien beträgt die Wartezeit auf eine Spenderniere im Schnitt ein Jahr – in Deutschland wartet man zwischen acht und zehn Jahre auf ein solches Organ. Dass die Reform von 2020 den Organspendemangel nicht behoben hat, verwundert Anthuber jedenfalls nicht. Die Bundesregierung habe es nicht geschafft, ein Organspenderegister aufzubauen, um die Entscheidungen zu registrieren, obwohl dies im Zuge der Reform zugesagt wurde. „Die gesamte Gesetzesreform war realitätsfremd und handwerklich schlecht gemacht“, kritisiert Anthuber: „Wir brauchen dringend die Widerspruchslösung!“ Einwände, man würde damit automatisch zum Organspendenden, lässt er nicht gelten: „Jeder hat die Möglichkeit zu widersprechen, so viel individuelle Verantwortungsübernahme kann man erwarten.“ Mitte Dezember 2023 hatte der Bundesrat einen Entschließungsantrag verabschiedet, der die Bundesregierung auffordert, mit einem Gesetzesentwurf dafür zu sorgen, dass die Widerspruchslösung in das Transplantationsgesetz aufgenommen wird. Mit der Widerspruchslösung kann man auch entscheiden, nur einzelne Organe zu spenden.