KBV: Praxen sind nicht verantwortlich für mangelnden Fortschritt bei der TI

Dr. Thomas Kriedel, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), zog während der Vertreterversammlung am 2. Dezember 2022 Bilanz hinsichtlich der mangelnden Fortschritte der der Telematikinfrastruktur (TI): „An den Praxen liegt das nicht. Wir können zwar in Superlativen von der TI und allem, was daran hängt, sprechen – aber größtenteils in negativen“, so seine Äußerung.

So seien aktuell die elektronische Patientenakte (ePA), der elektronische Medikationsplan, der Notfalldatensatz und das eRezept allesamt gescheitert. Hinzu kämen noch das „Konnektoren-Debakel“ und die Einführung der elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), letztere verursache den Praxen einen jährlichen Mehraufwand von 1,25 Millionen Stunden. Auch die sichere Kommunikation der Praxen mit den Krankenhäusern laufe nicht reibungslos.  „Die Kassen weigern sich, eNachrichten, also sichere E-Mails via KIM-Dienst, von Praxen anzunehmen. Das kann doch nicht sein“, so T. Kriedel.

Ungeklärt seien auch entscheidende Fragen bei der Einführung der Opt-Out-ePA, die die Bundesregierung derzeit in Angriff nehme. „Welche Teile der Praxisakten sollen in die ePA? Auch Gesprächsprotokolle von psychotherapeutischen Sitzungen? In welchen Abstufungen sollen die Versicherten noch Einfluss auf ihre ePA nehmen können? Wie wird sichergestellt, dass eine Filterfunktion zuverlässig alles anzeigt, was für den jeweils akuten Fall medizinisch relevant ist? Wer erhält welche Zugriffsrechte?“ All dies sei noch unbeantwortet, so T. Kriedel. Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen, zeigte sich hier ebenfalls besorgt: „Ärzte und Psychotherapeuten sollen dann verpflichtet sein, jede existierende ePA auch mit Daten zu füllen. Und wenn der Patient oder die Patientin nicht explizit widerspricht, können diese Daten auch für Forschungs- und weitere Zwecke genutzt werden.“ Somit seien die vertraulichen Patientendaten im europäischen Kontext lediglich nur noch „einen Schritt von Handelsware“ entfernt. „Ich bin der letzte, der den Nutzen wissenschaftlicher Forschung und damit Datenauswertung in Frage stellt“, so A. Gassen. Es müsse jedoch zumindest darüber gesprochen werden dürfen.

Die komplette Rede von T. Kriedel ist auf der Internetseite der KBV nachzulesen.