Klinische Robotik – Better together – Synergien zwischen Forschung, Klinik und Industrie

Die Teilnehmer des Bayern Innovativ-Workshops „Klinische Robotik“ konnten den Roboter Agile Justin während der Miro Innovation Lab Führung in Aktion erleben. Die Greifmechanismen aus dem Forschungsprojekt des DLR könnten zukünftig auch im OP zum Einsatz kommen. © DLR/Bayern Innovativ

MedtecSummit im Fokus: Zusammenschau der Veranstaltung zur Medizinischen Robotik an 19. März 2024, DLR Oberpfaffenhofen, Weßling

Der Bayern Innovativ-Workshop „Klinische Robotik“ mit annähernd 90 Teilnehmern behandelte den Fortschritt und die Zukunft der medizinischen Robotik aus verschiedenen Blickwinkeln. Ein zentrales Thema war der Anstieg roboterassistierter chirurgischer Eingriffe und die Anerkennung dieser Praxis als etablierten Trend. Die Diskussionen betonten die Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Klinikern, Forschern und Industriepartnern, um intelligente und effiziente Robotik-Systeme zu entwickeln und zu implementieren. Herausforderungen wie Refinanzierung, regulatorische Hürden und Datenanalyse wurden hervorgehoben. Die Veranstaltung unterstrich die Bedeutung einer besseren Datenbasis und einer erhöhten Risikobereitschaft zur Maximierung des klinischen Nutzens. Es wurde betont, dass eine enge Kooperation zwischen den Sektoren und eine Anpassung gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen erforderlich sind. Besonders hervorgehoben wurde die Rolle der medizinischen Robotik als Megatrend in der Chirurgie sowie die Notwendigkeit intelligenterer Systeme zur Bewältigung von Herausforderungen.
Der MedtecSummit im Fokus umfasste drei Panels, in denen Experten aus den Bereichen klinische Anwendung, Wissenschaft und Forschung sowie Industrie ihre Perspektiven darlegten. Diskutiert wurden Themen wie die steigende Bedeutung roboterassistierter Chirurgie, die Herausforderungen bei der Entwicklung und Implementierung intelligenterer Systeme sowie die regulatorischen Hürden und Refinanzierungsmöglichkeiten. Es wurde betont, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Sektoren und eine erhöhte Risikobereitschaft notwendig sind, um den klinischen Nutzen zu maximieren.

Panel 1: Status quo und Perspektiven der klinischen Anwendung

Dr. Claudio Glowalla, Klinikum TU München, hob hervor, dass die Zusammenarbeit mit industriellen Partnern bei klinischen Studien wichtig ist und neue Robotik-Systeme sicherer geworden sind. Dennoch muss die Intelligenz der Systeme verbessert werden, um den klinischen Nutzen zu erhöhen.
Privatdozent Dr. K. Schnake, Waldrankenhaus Erlangen, betonte, dass technische Unterstützung während Operationen die Genauigkeit erhöht und durch KI zukünftig noch bessere Ergebnisse erzielt werden können. Die Refinanzierung solcher Systeme stellt jedoch ein Hauptproblem dar.
Dr. Florian Sommer, UK Augsburg, unterstrich die Relevanz der Implementierung von Robotik im klinischen Alltag und die Notwendigkeit der Schulung des medizinischen Personals. Er betonte die Vorteile der minimalinvasiven roboterassistierten Chirurgie für Patienten, wies jedoch darauf hin, dass in der Onkologie andere wichtige Endpunkte zu berücksichtigen sind.

Panel 2 Aktueller Stand und Zukunftsaussichten in Wissenschaft und Forschung

Prof. Dr. Nassir Navab, TU München, betonte die Bedeutung des interdisziplinären Austauschs in der Entwicklung, da Forscher und Ingenieure auch Kenntnisse über anatomische Gegebenheiten haben müssen. Intraoperative Bildgebung ist komplex und erfordert schnelle Entscheidungen. Roboter-Systeme benötigen im Vergleich zu konventionellen Systemen mehr Vorbereitungszeit, daher sind intelligentere Systeme notwendig.
Julian Klodmann, DLR, strebt danach, die Lücke zwischen Forschung und Anwendung zu schließen und betont die Interdisziplinarität als wichtigen Faktor für die Zusammenarbeit mit Industrie- und klinischen Partnern.
Prof. Dr. Franziska Mathis-Ullrich, FAU Erlangen-Nürnberg, nannte den interdisziplinären Austausch als Schlüssel für erfolgreiche Medtech-Projekte und betonte die Notwendigkeit eines ehrlichen Austauschs zwischen den Partnern. Sie hob hervor, dass Erkenntnisse aus der Robotikforschung auch in anderen Bereichen wie dem Handling von flexiblen Materialien angewendet werden können.
Prof. Dr. Nicolas Padoy, IHU Strasbourg, sprach über die Notwendigkeit intelligenter, kontextbewusster Systeme im Next-gen Operationsraum, um mit der Komplexität intraoperativer Situationen umzugehen. Er betonte, dass viele Daten benötigt werden, aber die DSGVO als Innovationshemmnis wirkt.

Panel 3 Aktueller Stand und Zukunftsaussichten in der Industrie

Dr.-Ing. Cyrill von Tiesenhausen, B.Braun, betonte die Bedeutung interdisziplinärer Entwicklung und einer agilen Vorgehensweise in kleinen Schritten bei der Produktentwicklung. Anwender und Kliniker sollten frühzeitig in den Entwicklungsprozess einbezogen werden. Die geringen Stückzahlen in der medizinischen Robotik machen Produkte automatisch weltmarktrelevant. Die Nachdokumentation durch die MDR hat die Entwicklung zeitweise beeinträchtigt.
Daniel Ostler-Mildner, Karl Storz, sprach über die Notwendigkeit einer gemeinsamen Vision und interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Ingenieuren und Industrievertretern. Der Umgang mit Wissen und Patenten sollte möglicherweise neu überdacht werden.
Dr. Martin Bauer, Smith & Nephew, betonte, dass echte Forschung oft weit von der Anwendung entfernt ist und regulatorische Anforderungen eine hohe Hürde für die Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis darstellen. Sowohl große Unternehmen als auch kleine KMU kämpfen mit regulatorischen Hürden, wodurch der EU-Markt häufig als innovationsfeindlich wahrgenommen wird. Die gemeinsame Entwicklung sollte idealerweise im realistischen Umfeld, nicht nur im Labor, sondern am besten direkt im Operationssaal erfolgen.

Die Veranstaltung endete mit einem Abschlusspanel, das die zentrale Rolle der medizinischen Robotik als Megatrend in der Chirurgie unterstrich und gleichzeitig auf die Herausforderungen hinwies, die noch zu überwinden sind:

Die Industrie betont die Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit mit Kliniken und Anwendern, um entwickelte Systeme skalierbar zu machen. Es wird darauf hingewiesen, dass Studien gemeinsam durchgeführt werden müssen, um Daten zu sammeln und die Systeme zu optimieren. Eine höhere Risikobereitschaft in Deutschland wird als notwendig erachtet.
Axel Weber, KUKA, betont die Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Industrie, Kliniken und Anwendern. Entwickelte Systeme müssen skalierbar sein, um effektiv eingesetzt werden zu können.
Julian Klodmann, DLR, fordert, dass Studien gemeinsam durchgeführt werden, um Daten zu sammeln und die Systeme zu optimieren. Er betont die Wichtigkeit von Daten für die Verbesserung und Intelligenz der Systeme sowie für eine klare Darstellung des Nutzens. Zudem hält er eine höhere Risikobereitschaft in Deutschland für erforderlich.
Dr. Joachim Haess, Intuitive, kritisiert das aktuelle Erstattungssystem, da es keinen Anreiz für Innovation bietet und den sozioökonomischen Nutzen einer Behandlung nicht berücksichtigt. Er fordert eine bessere Transparenz durch die Zusammenfassung von Daten in Registern.
Prof. Dr. Arkadiusz Miernik, UK Freiburg, weist auf die Anforderungen des MDR hin und betont die Bedeutung systematischer Datenerhebung zur Standardisierung und Optimierung von Systemen. Neue Medizinprodukte haben oft keine spezielle Erstattungsmöglichkeit, werden aber dennoch angenommen, um einen Vorsprung zu erlangen. Er unterstreicht die Notwendigkeit ehrlicher Kommunikation zwischen den Akteuren und zusätzlicher finanzieller Mittel, um die Lücke zwischen Wissenschaft und Industrie zu schließen.

Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit einer besseren Datenbasis und einer verstärkten Nutzung von Datenanalytik zur Verbesserung der Patientenversorgung. Die Diskussionen machten deutlich, dass für den Fortschritt in der medizinischen Robotik eine enge Kooperation zwischen Kliniken, Forschung und Industrie sowie eine Anpassung gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen erforderlich sind.

Die Veranstaltung wurde durch die Aussteller auf dem MedtecSUMMIT im Fokus und durch eine Führung durch die Labore und Ausstellung des DLR-Robotik- und Mechatronikzentrums besonders geprägt. (Quelle)

Ein ausführlicherer Bericht von Ute Häußler ist erschienen in elektroniknet.de