Der steigende Verbrauch von Arzneimitteln sowie die steigende Anzahl der Arzneimittelwirkstoffe belasten zunehmend die Gewässer. Nach Angabe des Umweltbundesamtes können derzeit über 150 Arzneimittelwirkstoffe nahezu flächendeckend und ganzjährig in Fließgewässern, Boden- und Grundwasserproben und teilweise bereits im Trinkwasser nachgewiesen werden. Oft belasten sie die Umwelt und schaden Fischen und Vögeln. So beeinträchtigen beispielsweise Hormonreste der Anti-Babypille die Fortpflanzung von Tieren, die in den Gewässern leben und Reste von Antibiotika tragen zu Resistenzentwicklung bei.
Das Umweltbundesamt hat daher ein Gutachten in Auftrag gegeben, bei dem untersucht wurde, ob die hohen Kosten der Gewässereinigung zumindest teilweise durch eine Verteuerung bestimmter Arzneimittel verringert werden können. Grundlage ist ein Beschluss der Umweltministerkonferenz aus dem Jahr 2013. Dieser sah vor, die Arzneimittelhersteller angemessen an den Kosten der Gewässerreinigung zu beteiligen. Das Gutachten wurde durch ein Team aus Wissenschaftlern um den Ökonom Prof. Erik Gawel von der Universität Leipzig erstellt und nun vorgestellt. Es kommt zu dem Schluss, dass ein geringer Kostenzuschlag auf gewässerproblematische Präparate sowohl bei Herstellern und Importeuren als auch bei Händlern und Verbrauchern sinnvoll wäre. Ein Vorteil dieser Variante wäre, dass die Hersteller – um derartige Kosten einzusparen – die Zusammensetzung ihrer Produkte überdenken könnten.
Eine Kostenbeteiligung ist auf Handelsebene bei Tierarzneimitteln sinnvoll, da der Zuschlag dazu führt, dass Landwirte zur Kostenersparnis die Medikamentengabe überdenken. Im Fall einer Verteuerung von Humanarzneimitteln hingegen besteht – zumindest bei verschreibungspflichtigen Arzneien – die Gefahr, dass die zusätzlichen Kosten letztendlich die Krankenkassen und somit die Versichertengemeinschaft treffen. Im Gegensatz hierzu könnte sich eine Verteuerung der OTC-Medikamente als wirkungsvoll erweisen: Die Anwender erhalten hier den finanziellen Anreiz, eine günstigere Alternative ohne gewässerschädigende Wirkung zu erwerben. Generell sollte für den Käufer klar erkennbar sein, aus welchem Grund der Aufschlag erhoben wird.
Das Gutachten wird nun durch das Umweltbundesamt als Grundlage für eine Diskussion um eine Arzneimittel-Zusatzabgabe genutzt. Das zusätzlich eingenommene Geld soll unter anderem Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe finanzieren, die im Gegensatz zu herkömmlichen Großkläranlagen in der Lage sind, auch Mikroschadstoffe aus dem Wasser zu filtern.