Neovaskuläre AMD: Erste Ergebnisse mit einem VEGF-C und -D-Inhibitor in Ergänzung zum VEGF-A-Hemmer Ranibizumab

Die Behandlung von Patienten mit neovaskulärer AMD bringt in der täglichen Praxis („real world“) leider meist nicht die beeindruckenden Ergebnisse wie in den Zulassungsstudien der verschiedenen Wirkstoffe. Als ein wesentlicher Grund dafür gilt eine Unterbehandlung, bei der die Patienten nicht die für den erhofften Therapieerfolg notwendigen Dosierungen des VEGF-Inhibitors erhalten, was beispielsweise aufgrund zu großer Abstände zwischen den Injektionsterminen der Fall sein kann. Als ein weiteres Problem gilt, dass bei der Behandlung VEGF-A inhibiert wird, andere Mitglieder der VEGF-Familie jedoch mit den bisher zugelassenen Wirkstoffen kaum beeinflusst werden. Experten gehen davon aus, dass es unter der Therapie zu einer kompensatorischen Hochregulierung von VEGF-C und VEGF-D kommt, welche ganz wesentlich dafür verantwortlich ist, dass etwa 45% der Patienten unter der IVOM-Therapie eine Art Resistenz gegen den VEGF-A-Inhibitor aufweisen. Dies führt dann dazu, dass bei den Betroffenen keine weitere funktionelle Verbesserung oder zumindest ein Visuserhalt auftritt.

Neue Substanz OPT-302

Hier setzt eine neue, bislang als OPT-302 bezeichnete Wirksubstanz an, die von der australischen Firma Opthea hergestellt wird und jetzt in einer Phase 2b-Studie an Patienten mit neovaskulärer AMD in 109 klinischen Zentren in Europa, Israel und den USA getestet wurde. OPT-302 ist ein rekombinantes Fusionsprotein, welches VEGF-C und VEGF-D neutralisiert, indem es die Ligandenbindung dieser die Angiogenese stimulierenden Botenstoffe an die endogenen Rezeptoren VEGFR-2 und VEGFR-3 verhindert. Die Substanz ist hochspezifisch für VEGF-C und VEGF-D, an VEGF-A bindet sie nicht.

In der Studie wurden die 366 Patienten (Durchschnittsalter: 77,6 Jahre) in drei Gruppen randomisiert, die über 24 Wochen in jeweils vierwöchigem Abstand intravitreale Injektionen erhielten: Wahlweise 0,5 mg OPT-302 plus 0,5 mg Ranibizumab, 2,0 mg OPT-302 plus 0,5 mg Ranibizumab oder Scheininjektionen plus 0,5 mg Ranibizumab. Der primäre Endpunkt war die Veränderung der bestkorrigierten Sehschärfe, zu den sekundären Endpunkten gehörten Sicherheitsparameter wie der Anteil der Patienten, deren bestkorrigierter Visus (BCVA) um 15 oder mehr ETDRS-Buchstaben zurückging sowie Veränderungen der intra- und subretinalen Flüssigkeit.

Verbesserung der funktionellen Ergebnisse

Nach 12 Wochen verzeichneten die mit 2,0 mg OPT-302 plus Ranibizumab behandelten Patienten einen gegenüber der Sham-plus-Ranibizumab-Gruppe statistisch signifikanten Visusanstieg um durchschnittlich 14,2 Buchstaben vs. 10,8 Buchstaben. In der Gruppe der mit 0,5 mg OPT-302 plus Ranibizumab behandelten Patienten wurde mit einer Visuszunahme um 9,44 Zeichen kein signifikanter Vorteil gegenüber der Sham-plus-Ranibizumab-Gruppe erzielt. Unter der Behandlung mit 2,0 mg OPT-302 plus Ranibizumab nahm bei 45% der Patienten die BVCA um 15 und mehr Buchstaben zu, unter Sham plus Ranibizumab bei 40,5% und unter 0,5 mg OPT-302 plus Ranibizumab bei 33,0%. Eine Einbuße der Sehschärfe um 15 oder mehr Buchstaben erlitten 3,4% (Sham plus Ranibizumab), 5,4% (0,5 mg OPT-302 plus Ranibizumab) und 0,8% (2,0 mg OPT-302 plus Ranibizumab). Nach 24 Wochen war der Anteil der Patienten mit subretinaler Flüssigkeit mit 18,5% bei den mit 2,0 mg OPT-302 plus Ranibizumab behandelten Patienten am niedrigsten, gefolgt von 23,2% unter 0,5 mg OPT-302 plus Ranibizumab und 29,3% unter Sham plus Ranibizumab. Die durchschnittliche Läsionsgröße nahm um -4,33 cm2, -4,23 cm2 und -3,11 cm2 ab. Bei zwei Augen (beide in der 0,5 mg OPT-302 plus Ranibizumab-Gruppe) trat eine Endophthalmitis auf. Alle anderen dokumentierten Nebenwirkungen wie lokale Schmerzen, konjunktivale Blutung und Epiphora traten nicht häufiger auf als nach IVOM auch sonst üblich.

Die Autoren sehen in der zusätzlichen Inhibition von VEGF-C und VEGF-D in Ergänzung zur etablierten VEGF-A-Hemmung einen Ansatz, der zu besseren funktionellen Ergebnissen bei gutem Sicherheitsprofil führen kann.

Jackson TL et al (2023) A randomized controlled trial of OPT-302, a VEGF-C/D inhibitor for neovascular age-related macular degeneration. Ophthalmology 130: 588–597