Sehnervenentzündung: Erfolgversprechende Tests mit neuen Wirkstoffen

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) gab anlässlich ihres Jahreskongresses im September 2017 in Leipzig bekannt, dass neue Therapiestrategien zur Reparatur von Nervenzellen, beispielsweise bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS), an der Schwelle zur Anwendung stünden.

Opicinumab wirkt remyelinisierend

So wird derzeit beispielsweise der Antikörper Opicinumab an Patienten mit einer Sehnervenentzündung, einem frühen ersten Symptom der MS, getestet. Der Antikörper hilft, die durch die Entzündung geschädigte Myelinscheide zu reparieren. Diese Remyelinisierung lässt sich an der verbesserten Leitfähigkeit des Sehnervs messen. „In ersten Versuchen mit Patienten hatte Opicinumab einige positive Effekte. Das deutet darauf hin, dass eine Remyelinisierung stattfindet. Bevor wir das Medikament in der Regelversorgung verschreiben können, müssen jedoch große Zulassungsstudien den Nutzen der Behandlung weiter absichern“, so Prof. Dr. med. Ralf Linker, stellvertretender Klinikdirektor und Leiter des Neuroimmunologischen Forschungslabors in Erlangen, während des Neurologiekongresses.

Phenytoin wirkt schützend auf Myelinscheide

Auch das Epilepsie-Medikament Phenytoin zeigt erste vielversprechende Erfolge. So analysierte eine Studie aus England, in wieweit der Wirkstoff, der den Einstrom von Salz-Ionen in die Nervenzellen blockiert, eine schützende Wirkung bei Sehnerventzündungen hat. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine Blockade von Ionen-Kanälen an geschädigten Nervenhüllen und damit blank liegenden Faserkabeln diese Schutzhülle tatsächlich vor dem Untergang durch schädliche Salzströme retten kann.

Propionsäure dämmt Entzündungen ein und unterstützt die Nervenreparatur

D. Linker untersucht derzeit zudem gemeinsam mit Wissenschaftlern der Ruhr-Universität Bochum intensiv die Wirkung des Nahrungsergänzungsmittels Propionsäure. Dabei hat sich gezeigt, dass die Propionsäure nicht nur die Entzündungen der Myelinscheide eindämmt, sondern in Nervenzellkulturen aus Stammzellen von MS-Patienten auch schützende Effekte aufweist. Klinische Studien hierzu werden in Kürze beginnen. 

Auch wenn diese neuen Therapieformen derzeit lediglich im Rahmen von klinischen Studien angewendet werden, so setzt die internationale Forschergemeinde große Hoffnungen in die Zukunft: „Aktuell werden unterschiedliche Ansätze in verschiedenen Phasen klinischer Studien untersucht, die eine neue Dimension der Behandlung eröffnen könnten“, so D. Linker zusammenfassend. „Dies könnte eines Tages auch bei der Therapie anderer neurologischer Erkrankungen wie der Parkinson-Erkrankung, der Multisystematrophie und der Alzheimer-Erkrankung zu Fortschritten führen.“