Wahrscheinliche Zusammenhänge bei Vorgaben für Mindestmengen ausreichend

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat für bestimmte Eingriffe Mindestmengen vorgegeben, die gewährleisten sollen, dass in der behandelnden Klinik die für einen chirurgischen Eingriff notwendige Routine des Operationsteams gewährleistet ist.

Die Durchsetzung dieser Vorgaben ist aktuell jedoch unzureichend. Dies liegt unter anderem an der schwierigen juristischen Bewertung der aktuellen Formulierung, für welche Eingriffe welche individuellen Mindestmengen sinnvoll sind. So wurde beispielsweise im Jahr 2011 die vorgeschriebene Mindestmengen für die Operation von Knieprothesen durch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg als irregulär bewertet, da das Gericht keinen kausalen Zusammenhang zwischen OP-Ergebnis und Mindestmenge sah – statistische Befunde reichten dem Gericht nicht aus. Zudem gibt es derzeit Widersprüche zwischen den bundesgesetzlichen Vorgaben für die Qualitätssicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung und der Planungshoheit der Länder.

Im Dezember 2015 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung. Darin wurde festgelegt, dass die Mindestmengenregelung in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung rechtssicher ausgestaltet werden muss. Die bisherige Formulierung, dass ein „besonderer Zusammenhang“ von Menge und Qualität gefordert werde, erwies sich als juristisch problematisch.

Dr. jur. Dominik Roters wies bei einem Treffen des Arbeitskreises „Ärzte und Juristen“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften im Juni 2018 darauf hin, dass Mindestmengen bei Operationen bereits dann gerechtfertigt sind, wenn nach wissenschaftlichen Maßstäben ein wahrscheinlicher – nicht mehr besonderer – Zusammenhang zwischen Behandlungsqualität und der erbrachten Leistungsmenge belegt werden kann. Als stellvertretender Geschäftsführer und Leiter der Abteilung Recht beim Gemeinsamen Bundesausschuss betonte D. Roters zudem, dass die Höhe dabei so festzulegen sei, dass eine sogenannte Gelegenheitsversorgung ausgeschlossen werde. Krankenhäuser, die diese Menge nicht vorweisen können, dürfen einen Patienten dann auch nicht mehr behandeln.

 

25% der Todesfälle bei Operationen der Bauchspeicheldrüse vermeidbar

Prof. Dr. med. Thomas Mansky, Leiter des Fachgebiets Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen der Technischen Universität Berlin, führte aus, dass sich bei Operationen der Bauchspeicheldrüse beispielsweise jeder vierte Todesfall vermeiden ließe, wenn höhere verbindliche Mindestmengen gelten würden. Diese müssten nicht nur für den behandelnden Arzt, sondern das ganze Operationsteam gelten.

Derzeit führten einige Kliniken komplexe Operationen durch, ohne die notwendige Erfahrung und strukturelle Voraussetzungen dafür zu haben. So habe beispielsweise im Jahr 2014 ein Viertel der deutschen Kliniken weniger als acht Brustkrebspatientinnen im Jahr operiert, im Jahr 2015 erfüllten 63% der Kliniken die Vorgaben für die gesetzliche Mindestmenge von zehn Operationen pro Jahr nicht. Selbst bei der Knie-Endoprothesenoperation würden 15% der Häuser die Mindestmenge von 50 Fällen pro Jahr nicht erreichen.