Das Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung (Zi) hat Ende Juni 2018 eine Untersuchung veröffentlicht, die die Arbeitszeiten in den Arztpraxen aufzeigt. Hintergrund dieser Veröffentlichung ist die im aktuellen Koalitionsvertrag geforderte Erhöhung der Sprechstundenzeiten der niedergelassenen Ärzte von mindestens 20 auf 25 Wochenstunden.
Hierbei zog das Zi die sogenannten Betriebszeiten heran, also die Stunden, in denen ein Arzt in der Praxis anwesend ist. Diese liegen bei durchschnittlich 38,8 Wochenstunden. Bei etwa 92% der Praxen lagen die Betriebszeiten über den im Koalitionsvertrag geforderten 25 Wochenstunden. „Die derzeitige Diskussion zur Erhöhung der Mindestanzahl von Sprechstunden pro Woche betrifft nur eine sehr kleine Zahl von Praxen“, erklärt Dr. Dominik von Stillfried, Geschäftsführer des Zi. „Es ist nicht zu erwarten, dass mit einer gesetzlichen Vorgabe auch nur ein einziges Versorgungsproblem gelöst wird, vielmehr würden neue geschaffen“. Die Studie zeigt auf, dass Praxisinhaber durchschnittlich 51,5 Wochenstunden arbeiten. Davon fallen 36,3 Wochenstunden auf direkten Kontakt zu Patienten, 0,9 Wochenstunden werden für Notfalleinsätze eingesetzt. Etwa 14,3 Wochenstunden verwenden Praxisinhaber für Arbeiten wie Dokumentationen und Befundstellungen (7,7 Stunden), Praxismanagement (4,1 Stunden) und die Teilnahme an Fortbildungen (2,5 Stunden). Das Zi empfiehlt, die Ärzte längerfristig von bürokratische Aufgaben zu befreien und so mehr Zeit für direkte Patientenkontakte zu erlangen.
Eine kurzfristige Erhöhung der Sprechzeiten könne nach Angabe des Zi nur durch zusätzliche Arbeitsstunden erreicht werden. Dies sei nur dann möglich, wenn die Vergütung grundlegend verändert werde. „Die Anreize für längere Arbeitszeiten am Patienten werden durch die gegenwärtigen Budgetdeckel ausgebremst. Wer wie die niedergelassenen Ärzte durchschnittlich 10% seiner Arbeit nicht erstattet bekommt, wird nicht bereit sein, noch mehr Zeit zu investieren“, erklärt D. von Stillfried. Allerdings müsse berücksichtig werden, dass auch bei entsprechender Vergütung die Erhöhung der Sprechzeiten dazu führen könne, dass weniger Ärzte die Selbständigkeit und mehr Ärzte ein Angestelltenverhältnis anstreben. Da nach Erhebungen des Zi angestellte Ärzte selten über 40 Stunden pro Wochen arbeiten, kann die Forderung des Gesetzgebers am Ende das Gegenteil bewirken.
Für die Auswertung hat das Zi die Angaben von etwa 3800 Einzel- und 1000 Gemeinschaftspraxen von Vertragsärzten und -psychotherapeuten aus dem Jahr 2015 herangezogen, die jährlich im Rahmen des Zi-Praxis-Panels erhoben werden. Die vollständige Veröffentlichung kann auf der Internetseite des Zi nachgelesen werden:
https://www.zi.de/fileadmin/images/content/Publikationen/Zi_Paper_13_2018.pdf